Das Kochbuch
Als Kochbuch-Autor hat man es manchmal auch nicht leicht. Wie soll man sich dieses Mal wieder etwas Neues einfallen lassen? Auch Yotam Ottolenghi schreibt, dass er für sein neues Buch etwas nachdenken musste, wie man Gemüse wieder neu präsentieren, seinen Geschmack intensivieren und daraus ein spannendes Kochbuch schreiben kann. Doch dann hatte er eine sehr gute Idee: Anhand der drei Begriffe „Prozesse“, „Partner“ und „Produkte“. Die klingen zwar sehr technisch, beinhalten aber hervorragende Erklärungen und Rezepte, wie man aus bekannten Gemüsen spannende Gerichte kochen kann. Das ist ja nochmal gut gegangen!
Der Inhalt
Schritt für Schritt, Kapitel für Kapitel erklärt Ottolenghi, wie er Gemüse zu geschmacklichem Ruhm verhilft. Dies versteckt sich konkret hinter den drei Begriffen:
- Prozesse (Zubereitungsmethoden): Rösten, Bräunen, Ziehenlassen, Reifung
- Partner (Kombinationen/Ergänzungen): Süße, Fett, Säure, Chilischärfe
- Produkte (für Ottolenghi besonders elementare Produkte): Pilze, Zwiebeln und Knoblauch, Nüsse und Samen, Früchte und Alkohol
Mit den eingehenden, ausführlichen Schilderungen, was sich Ottolenghi bei den Rezepten gedacht hat, wie sie „funktionieren“ und was bei ihrer Zubereitung mit dem Gemüse passiert, ist dieses Kochbuch fast schon populärwissenschaftlich. Auf komplizierte (chemische, physikalische) Erklärungen verzichtet der Koch zugunsten des Leseflusses und erklärt spannende Prozesse mit einfacher Sprache. Das macht Spaß und verhilft dem Kochbuch zu echtem Mehrwert. Und erinnert in seiner Herangehensweise an „Salz. Fett. Säure. Hitze.“ von Samin Nosrat Zufall oder gewollt?
Ist das Buch vegetarisch?
Fast. Denn Ottoloenghi würzt zwischendurch auch mal mit Sardellen, Fischsauce und Parmesan. Seine These: Um mehr Menschen für Gemüse zu begeistern, dürfe man nicht dogmatisch sein, sondern solle auch einige wenige tierische Produkte mit einbeziehen, die dem Gemüse geschmacklich auf die Sprünge helfen und es unterstützen. Von den 100 Rezepten sind 45 rein vegan, bei 17 weiteren ist es leicht, sie zu „veganisieren“. Fleisch kommt in keinem der Rezepte vor.
Die Rezepte
Die Rezepte setzen Ottolenghis bekannten Stil fort: Gemüse bereitet er mit überwiegend kräftigen Aromen zu und zieht dabei kulinarisch alle Register. Müsste man die Rezepte geografisch verorten, so wäre eine Mischung aus Levante, Orient und mitteleuropäischer Küche wohl am zutreffendsten. Neu sind hier und da leichte mexikanische/lateinamerikanische Anklänge. Dies sind ein paar Beispiele aus den ersten Kapiteln des Kochbuches:
Rösten
- Gegrillte Pfirsiche und Bohnen mit Ziegenfrischkäse
- Eisbergsalat mit rauchiger Auberginencreme
- Rote Bete aus dem Ofen mit Limetten-Butter
Bräunen
- Selleriesteaks mit Café de Paris-Sauce
- Karottenpüree mit Curry und brauner Butter
- Kartoffel-Gratin mit Kokos und Limette
Ziehenlassen
- Weiße Bohnen-Püree und eine Art Aioli
- Melonen-Mozzarella-Salat
- Gekühlte Avocado-Suppe mit Knoblauchöl
Reifung
- Steckrüben-Gnocchi mit Misobutter
- Gegrillte Feigen mit Ricotta
- Frühlingsgemüse in Parmesanbrühe
Partner
- Kürbis-Orangen-Galette mit Salbei
- Orecchiette mit Puttanesca-Sauce
- Geröstete Paprika und frische Maispolenta
Fett
- Mafalde mit geröstetem Butternutkürbis
- Auberginenklösschen alla Parmigiana
- Tomatensalat mit Limetten-Kardamom-Joghurt
Säure
- Bunter Mangold mit Tomaten und grünen Oliven
- Gurkensalat mit Za´atar und Zitrone
- Süßkartoffelstampf mit Joghurt und Limette
Der Autor
Yotam Ottolenghi ist Isreali mit einer deutschen und einer italienischen Großmutter. Und man könnte ihm gut ein Denkmal setzen, gleich für mehrere Verdienste: Er hat die levantinische Küche bei uns populär gemacht, zigtausende Menschen zum Kochen gebracht und ist zugleich auch noch Lobbyist für eine gemüseorientierte Küche. Es ist also durchaus verdient, dass er mit seinen bis heute sieben Bestsellern laut Verlag schon mehr als 600.000 Kochbücher in Deutschland verkauft hat.
Ixta Belfrage ist weitgereiste Köchin, kocht im Kreativ-Team von Ottolenghi und hat ihn bei diesem Buch unterstützt.
Der Schwierigkeitsgrad
…ist in den allermeisten Fällen auch für Einsteiger noch zu meistern.
Die Optik
Schönes Layout mit ganzseitigen, weiß eingerahmten Bildern der Gerichte. Auch das Styling gefällt uns mit seiner gewohnt lässigen, unverkrampften Art.
Die Zutaten
Nur ein sehr gut ausgestatteter Supermarkt kann mit den Zutaten dienen, die man für diese Rezepte benötigt. Das Gemüse holt man (wenn möglich) am besten dort, wo es am frischesten ist: Auf dem Wochenmarkt. Und bei einigen Gewürzen und spezielleren Zutaten wird man garantiert online fündig.
Das Fazit
Warum sind manche Kochbuch-Autoren so viel erfolgreicher als andere? Weil Sie es schaffen, eine eigene Handschrift zu entwickeln, eine ganze Koch-Epoche mit ihrem Stil zu prägen und die Leute für´s Kochen zu begeistern. All das trifft auch auf Ottolenghi zu, wie er es mit diesem Kochbuch erneut beweist.