Das Kochbuch
Zu Beginn unserer Rezensionen geben wir einen kurzen, kompakten Überblick: Um was für ein Kochbuch handelt es sich, um welches Thema geht es und wie gut ist das Kochbuch?
Das Thema
Manche Themen, die sich nicht sofort erschließen, verdienen eine genauere Erklärung. Zu Beginn der Rezension erklären wir es, falls nötig.
Manche Kochbücher sind reine Rezeptsammlungen. Ihnen fehlt dann zwar eine ausführlichere theoretische Grundlage, aber das muss sie nicht schlechter machen. „Konsequenz“ ist dafür ein gutes Stichwort. Lieber ist uns ein Kochbuch, das nur aus Rezepten besteht, die aber konsequent einem Stil oder einem Thema folgen, als ein Kochbuch, das das vorgebliche Thema nur oberflächlich und lückenhaft streift.
Grundsätzlich haben wir viel Sympathie für monothematische Kochbücher, die sich einem einzigen Thema in aller Ausführlichkeit und inhaltlichen Tiefe widmen.
Wichtiger Grundsatz: Es gibt keine „guten“ und „schlechten“ Themen, nur gute oder schlechte Umsetzungen.
Der Inhalt
Hier zählt der erste Eindruck. Aufbau und Struktur des Buches sollten übersichtlich und klar sein und sich sofort erschließen. Keine Orientierung - kein Vergnügen.
Zur Funktionalität eines Kochbuches gehört auch ein praktikables Zutatenregister. Also nicht nur eine Auflistung der Rezepte im Inhaltsverzeichnis, sondern auch der einzelnen Zutaten.
Beim Inhalt zeigt sich zudem, wie ernst es das Buch mein. Geht es ihm darum, einen Mehrwert zu bieten oder nur um schnellen, kommerziellen Erfolg mit wenig Aufwand und dürrem Inhalt?
Auch hier stellt sich wieder die Frage, wie „konsequent“ ein Kochbuch ist. Oft erleben wir beispielsweise oberflächliche, unvollständige und eher phrasenhafte „Alibi-Warenkunden“ zu Beginn vieler Kochbücher. Das ist halbherzig.
Maßstab unserer Bewertung ist das explizite oder implizite Versprechen eines Kochbuches. Verspricht ein Kochbuch nichts außer schöner Rezepte, etwa rund um´s Frühstück, ist auch das vollkommen in Ordnung. Will es mehr sein, sollte es auch mehr bieten.
Das fiktive Beispiel eines Marmeladen-Kochbuches: Besteht es nur aus Rezepten oder erfährt man auch etwas über Gelierzucker? Wie wirkt Pektin? Was ist mit anderen Gelier- und Bindemitteln wie Agar-Agar? Was bewirkt Zitronensaft? Werde ich mit einer guten fachlichen Grundlage in die Lage versetzt, selbständig eigene Rezepte zu entwickeln?
All das findet sich in einem guten Kochbuch und ist dabei logisch und stringent gegliedert. Dass fachlich alles richtig ist, sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Ebenso, dass alles verständlich, nachvollziehbar und stilistisch ansprechend geschrieben ist.
Die Rezepte
Das Herzstück des Kochbuches. Wir erklären Charakter und Qualität der Rezepte: Klassisch oder modern? Schnell oder langwierig? Funktionieren sie? Wie ist das handwerkliche und kulinarische Niveau?
Ob die Rezepte funktionieren können, verrät schon ein Blick auf die Zutatenliste. Sind die Mengen (insgesamt und zueinander) plausibel? Und wie exakt werden sie angegeben? Zu einem unkomplizierten Buch passen die Angaben „eine Karotte“ oder „100g Mehl“. Aber wieviel ist eine Karotte und um welches Mehl geht es? In anderen Zusammenhängen wäre hier also ggf. eine exakte Angabe entscheidend. Das gilt vor allem für Backbücher.
Das handwerkliche Niveau lässt sich gut am Beispiel von Brot-Rezepten erklären: Wird mit längerer Teigführung und ggf. Sauerteig oder geringen Mengen Hefe gearbeitet? Oder wird der Teig mit viel Hefe innerhalb kurzer Zeit aufgeblasen, sodass sich weder Geschmack, Konsistenz noch Bekömmlichkeit einstellen können?
Häufige Fehler sind auch unplausible Mengenangaben: Es ist ärgerlich, wenn a) die Proportionen innerhalb eines Rezepte nicht stimmen, b) die Menge des Rezeptes nicht zur angegebenen Personenzahl passt (zu viel, zu wenig) oder wenn c) eine Komponente innerhalb eines Rezeptes zu groß ist. Etwa wenn man bei einem Rezept für zwei Personen einen Nudelteig zubereiten soll, bei dem allein das Eigelb 500(!) Gramm ausmacht und die Füllung u.a. aus einem Liter Sahne besteht. Das ist nicht plausibel.
Entscheidend für das reibungslose Nachkochen ist auch die Reihenfolge der Arbeitsschritte. Es kommt leider zu häufig vor, dass die Abläufe innerhalb eines Rezeptes nicht passen, sodass zum Beispiel unnötige Wartezeiten entstehen. Ein vereinfachtes Beispiel: Was eine lange Garzeit hat, sollte vorne im Rezept stehen.
Weitere wichtige Punkte sind auch Originalität und Eigenständigkeit. Reproduziert das Kochbuch nur bekannte Rezepte oder hat es einen eigenen Zugang zum Thema?
In unseren Rezensionen geben wir an dieser Stelle mit Beispielen einen Überblick über die Rezepte.
Die Zielgruppe
An wen richtet sich das Kochbuch? Die allermeisten Bücher sind für Hobbyköchinnen und -köche gedacht. Einige richten sich wiederum an blutige Anfänger, einige nur an Profis und einige an Fortgeschrittene und Profis gleichermaßen.
Auch hier gilt: Ein Anfängerkochbuch kann genauso gut sein wie das für einen Profi. Wichtig: Passt das Niveau des Kochbuchs zur angesprochenen Zielgruppe oder werden Einsteiger überfordert und Fortgeschrittene gelangweilt?
Der Schwierigkeitsgrad
Hier ordnen wir für unsere Leser ein, wie aufwändig, anspruchsvoll und langwierig die Rezepte sind. Ist also ein Kochbuch mit einfachen Rezepten „gut“ und eines mit schwierigen „schlecht“? Natürlich nicht. Stattdessen geht es auch hier um die Frage, ob das Versprechen des Kochbuches stimmt. Sind die Rezepte des Alltags-Kochbuches also wirklich unkompliziert?
Die Autorin / Der Autor
Hier stellen wir die Menschen hinter den Kochbüchern vor. In der Regel die Autorin oder den Autoren. Wenn es aus unserer Sicht besonders erwähnenswert ist auch noch weitere Beteiligte wie Fotografinnen und Fotografen.
Die Optik
Zur Optik zählen Fotografie, Styling und Layout. Hier verhält es sich ähnlich wie bei den Themen: Es gibt keinen schlechten, falschen Stil. Wichtiger ist uns, ob er stringent ist, zum Thema passt und das Gericht gut zur Geltung bringt.
Bei der Fotografie haben sich leicht seitliche oder „Top Shot“-Aufnahmen – senkrecht von oben fotografiert – bewährt. So ist das Gericht klar und in seiner gesamten Einheit zu erfassen. Besonders nahe Einstellungen sind dagegen oft der Ästhetik eines Gerichtes abträglich. Ebenso ist es mit einer schlechten Bildbearbeitung, die zum Beispiel Kontrast und Sättigung zu sehr betont.
Und wenn das Kochbuch gar keine Bilder enthält? Dann kann es immer noch sehr gut sein, muss aber in anderen Punkten überzeugen. Etwa mit inhaltlicher Tiefe und Umfang.
Beim Styling gilt für uns: weniger ist mehr. Ein überladenes Styling lenkt vom Gericht ab, wirkt unruhig und manchmal sogar unsinnig, wenn etwa Utensilien mit ins Bild gelegt werden, die keinen Bezug zum Gericht haben.
Das Layout muss klar sein, Orientierung geben und dem eigentlichen Zweck des Kochbuches dienen: dem Nachkochen. Leider erleben wir es immer wieder, dass unterschiedliche Typografien, verschachtelte (Info-)-Kästen und unübersichtliche Zutatenlisten die Freude am Lesen des Kochbuchs nehmen.
In diesem Abschnitt erwähnen wir hin und wieder auch die Haptik, also die Art und Qualität des verwendeten Materials. Welchen Einband hat das Buch, wie ist sein Papier beschaffen?
Die Zutaten
Hier erklären wir, wo und wie einfach die Zutaten erhältlich sind. Genügt ein Supermarkt oder benötigt man ein Fachgeschäft, z. B. für Fisch, Fleisch oder besondere Lebensmittel aus anderen Ländern?
Diese Information hat zunächst keinen Einfluss auf die Bewertung. Denn es kann bspw. kein Nachteil für ein authentisch vietnamesisches Kochbuch sein, dass man seine Zutaten nicht im Supermarkt um die Ecke bekommt.
Für die Bewertung relevant werden die Zutaten jedoch dort, wo sie nicht zum Versprechen des Kochbuches passen. Wem hilft ein „einfaches“ Kochbuch mit wenigen Zutaten, wenn diese aus Hummer, Kaviar und Austern bestehen oder die Zutatenliste für ein Anfänger-Kochbuch außergewöhnlich lang ist?
Zum Aspekt der Zutaten gehören auch ihre Qualität und Menge. Wenn ein Spitzen-Patissier in seinem Backbuch einen Schlagsahne-Ersatz mit Palmfett, Emulgatoren, Stabilisatoren und künstlichem Aroma vorsieht, führt das zur Abwertung. Denn zu unserem Verständnis von Qualität passt das nicht.
Das Fazit
Aus all diesen Punkten ergeben sich unsere Gesamtbewertung und unser Fazit. Hat das Kochbuch sein Versprechen gehalten? Entspricht der Preis seiner Qualität? Wenn all das zutrifft, steht einer hohen Bewertung nichts im Wege.
Die Wertung
Was bedeutet die Punktezahl und warum werden so viele Kochbücher bei uns eher gut bewertet?
Beginnen wir mit der zweiten Frage. Jedes Jahr erscheinen geschätzt 2000 deutschsprachige Kochbücher. Von denen sichten, lesen und bewerten wir rund 400. Bei diesen Kochbüchern kann man annehmen, dass sie die besten 10-20 Prozent des Kochbuchmarktes sind. Da sich das in aller Regel bewahrheitet, sind ihre Bewertungen in aller Regel oberhalb von sechs Punkten anzusetzen. Würde man unser Punktesystem in Schulnoten übersetzen, würde das in etwa folgende Noten bedeuten:
- < 5 Punkte: nicht empfehlenswert
- 5,0-5,4 Punkte: 4
- 5,5-5,9 Punkte: 3-
- 6,0-6,4 Punkte: 3
- 6,5-6,9 Punkte: 3+
- 7,0-7,4 Punkte: 2-
- 7,5-7,9 Punkte: 2
- 8,0-8,4 Punkte: 2+
- 8,5-8,9 Punkte: 1-
- 9,0-9,4 Punkte: 1
- 9,5-10 Punkte: 1+
Bislang hat noch kein Buch bei uns die Bestnote erreicht. Noch nicht.
Warum haben so viele Kochbücher eine gute Bewertung?
Wir wählen die Kochbücher, die wir vorstellen, nach Relevanz aus. Die Relevanz bemisst sich in unterschiedlichen Kriterien von denen das wichtigste Kriterium die Qualität ist. Wir stellen also, bis auf sehr wenige Ausnahmen, nur empfehlenswerte Kochbücher vor. Und wirklich „empfehlenswert“ fängt bei uns ungefähr bei 7 Punkten an. Erfreulicherweise haben aber viele Kochbücher acht Punkte und mehr verdient.