Das Kochbuch
Zweimal hat er es schon getan, nun probiert er es ein drittes und letztes Mal: Stevan Paul transportiert die japanische Küche auf seine Art in unsere Küchen. Und jetzt geht es ans Eingemachte: Sushi. Ja, die hohe Kunst der japanischen Rohfisch-Zubereitung. Kann man es wagen? Stevan Paul kann. Denn mit Geschick und viel Sinn für die Bedürfnisse seiner Leser/innen transformiert er das Thema in alltagstaugliche Rezepte. Niedrigschwellig, informativ und kulinarisch überzeugend.
Stevan Pauls Stil
Wer ein Buch über Sushi schreibt, begibt sich auf dünnes Eis. Denn die hohe Kunst des Sushi machens ist ohne (jahre-)langes Training wohl kaum zu erlernen. Erst Recht nicht, indem man einfach „nur“ aus einem Kochbuch kocht.
Aber Stevan Paul wäre nicht Stevan Paul, wenn er nicht einen Zugang fände, der das Thema mit unserem Alltag (inklusive der für uns erreichbaren Zutaten) kompatibel macht.
Und so geht es ihm wie schon bei seinen ersten beiden Japan-Kochbüchern nicht darum, die japanische Küche in ihrer reinsten, authentischsten (die Problematik dieses Begriffes mal außenvorgelassen) Weise zu zeigen. Stattdessen wandelt er sie auf seine Weise ab. Das bedeutet konkret: einfache, nachvollziehbare Rezepte mit verfügbaren (und bezahlbaren) Zutaten, die mal näher am Original sind, mal weiter weg. Aber immer eines liefern sollen (und das tun sie!): Spaß und Genuss. „Schnell wirst du dich von Kühltheken-Sushi und Lieferservice-Reishappen emanzipieren“, schreibt Stevan Paul folgerichtig und das halten wir für absolut realistisch.
Der Inhalt
Neben den Rezepten enthält das Buch viele Kapitel, die von hohem Nutzwert sind und die man mit Gewinn liest: Geschichte des Sushi, Ausstattung, Sushi Reis kochen, Fischkunde, Sushi essen in Japan, wie man Sushi genießt. Dazu gehören auch sympathische Tipps wie Süßwasserfisch aus heimischer Aquakultur zu verwenden, statt häufig überfischtem Meeresfisch.
Und einen tröstenden Satz, wenn mal etwas nicht so hinhaut oder das Ergebnis qualitativ oder quantitativ vom Rezept abweicht, liefert Stevan Paul auch mit: Man solle an Wabi Sabi denken: „Die Kunst, die Schönheit der Dinge zu erkennen – dabei aber gerade auch das Unperfekte, Unvollständige und Unbeständige des Lebens anzunehmen und damit zufrieden zu sein.“
Die Rezepte
Die Rezepte teilen sich auf diese Kapitel auf: Sushi-Party, Nigiri, Nigiri – vegan und vegetarisch, Gunkanmaki, Norimaki, Norimaki – vegan und vegetarisch, Sonderformen und Sushi-Gerichte, Sushi kreativ. Lobenswert sind die einleitenden Texte vor den Rezepten. Nun einige Beispiele:
Sushi-Reis; Mayo-Variationen; Amazuzuke-Variationen (eingelegtes Gemüse); Ingwer-Krautsalat; Nigiri u.a. mit Lachs, Thunfisch oder Garnele; Vegane Nigiri u.a. mit Kräuterseitling und Aubergine; Gunkanmaki-Schiffchen u.a. mit Erbsen und Krebsfleisch oder Avocado; Norimaki-Rollen u.a. mit Lachstatar und Frischkäse oder als Carnifornia Roll; herzförmige Onigiri mit Shiitake und Shrimps; Sonderformen und Sushi-Gerichte wie kreisrundes Sonnenrad-Sushi und kreatives Sushi wie Sushi-Burrito mit Sweet-Pepper-Tofu.
Stevan Pauls Kreativität gipfelt in Honig-Sake-Sushi-Reis (gekocht wie Milchreis) mit Rahm (!) und Erdbeersauce. Muss man sich auch erstmal trauen…
Der Schwierigkeitsgrad und die Zielgruppe
…bewegt sich auf einem einfachen bis mittleren Level. Denn diese Rezepte schafft (spätestens mit ein klein wenig Übung) jeder. Und so eignet sich das Buch bestens für alle, die ins Sushi-Thema einsteigen wollen.
Die Zutaten
…sind gut zu erhalten und Stevan Paul gibt sehr gute Hinweise dazu, was geht und was nicht geht. Spoiler: guten Fisch zu finden, ist gar nicht so schwer! Vieles gibt es mittlerweile in guten Supermärkten, nach unserer Erfahrung besonders auch in Bioläden und erst recht in Asialäden.
Der Autor
Stevan Paul ist für uns der Golf unter den Kochbuch-Autoren: Schon lange dabei, zuverlässig, nah am Alltag, beständig überarbeitet und weiterentwickelt. Er kennt sich aus mit Nutzwert und Praktikabilität und verliert dabei nie den Genuss aus den Augen. Und seine Bücher haben stets eine reiche Sonderausstattung!
Die Optik
…wurde von Fotograf Andrea Thode, Franziska Stremming (Styling) und Julia Hollweck (Gestaltung und Satz) gestaltet. Zeitgemäße, hell ausgeleuchtete Fotografie, ein Styling, das gekonnt mit grafischen Elementen und Farben spielt und ein sehr gut strukturiertes Layout. Gefällt uns! So wie auch die Tatsache, dass man gemäß dem inhaltlichen Zugang zum Sushi-Thema mit japanischen Anleihen zurückhaltend ist. Und stereotype, klischeehafte Japan-Bezüge gibt´s hier schonmal gar nicht. Gut!
Das Fazit
Sushi, but make it alltagstauglich! Stevan Pauls dritter Japan-Band liefert das, was wir von ihm erwartet haben: Rezepte, die die perfekte Verbindung zwischen Original und Nachkochbarkeits-Level schaffen.