Das Kochbuch
Katharina Seisers Kochbuch über die österreichische Küche ist ein sehr bemerkenswertes Werk. Denn anders, als sein Titel vermuten lässt, ist es viel mehr als bloß ein weiteres „schnelles“ Kochbuch. Eher ist es eine Art persönlich geschriebenes kulinarisches Vermächtnis. Zum Glück ist Katharina Seiser allerdings quicklebendig.
Die „seisernale“ Art, ein Kochbuch zu schreiben
Aus unserer Sicht ist dies Katharina Seisers persönlichstes Kochbuch. Aus jedem Rezept, aus jedem Satz, ja sogar in einigen der Zutatenlisten spricht die Kochbuch-Autorin mit der großen Portion Sendungsbewusstsein.
Man kann durchaus sagen, dass Seiser missionarisch, stellenweise fast streng bis autoritär, unterwegs ist. Aber das ist in diesem Fall nur positiv. Denn auf ihrer Mission für eine gute Esskultur möchte sie überzeugen, begeistern und mitreißen. Das gelingt.
Und so sind ihre Texte keine spröden Anleitungen, sondern mit Hingabe geschriebene Handreichungen für das perfekte Gelingen ihrer Speisen. Mit „Timing ist essenziell!“ beginnt beispielsweise das Rezept vom „Schneeomelett“. Dem sie vorweg schickt: „Bitte keine Vanille, keine Zitrone, keine Spirituosen dazugeben – das Rezept ist perfekt!“ Man denkt gar nicht daran, sich ihrem Willen zu widersetzen.
Mit ihrer Detailsversessenheit und ihrem Perfektionismus meint Seiser es so genau, dass sie sogar ein Rezept für ein Butterbrot („bis zum Rand buttern!“) aufgeschrieben hat. Weil sie das aber mit Humor und einer angemessenen Portion Selbstironie tut, liest man sogar dieses Rezept von Anfang bis Ende durch.
Der Charakter und die Qualität der Rezepte
Alle Rezepte in diesem Kochbuch sind sehr durchdacht. Und sie brauchen, der Titel verrät es, in der Regel nicht mehr als eine halbe Stunde. Da Ausnahmen aber die Regel bestätigen, gibt es einige, die 10-15 Minuten mehr oder noch helfende Hände benötigen. Das ist ehrlicher als bei anderen „schnellen“ Kochbüchern.
Ein bemerkenswertes Detail: Die meisten sind für zwei Personen geschrieben, „denn in knapp zwei Dritteln der österreichischen und drei Vierteln der deutschen Haushalte leben ein oder zwei Personen. Warum sollen Kochbücher also immer noch „für 4 Personen“ sein?“, fragt Katharina Seiser mit Recht. „Mengen verdoppeln geht bei Bedarf viel einfacher als beispielsweise Eier halbieren“. Nagel auf den Kopf getroffen.
Stilistisch sind die Texte wie von einer guten Freundin geschrieben. Freundlich im Ton, klar in der Sache. Hier noch eine Anmerkung, da noch ein Tipp.
Rezept-Beispiele
Die Rezepte sind fast ausnahmslos typisch österreichisch. Was nicht bedeutet, dass einige Gerichte auch anderswo eine Geschichte haben. Und wer Katharina Seisers Arbeit aufmerksam verfolgt, bemerkt: nach veganen und vegetarischen Kochbüchern folgt nun nach längerer Zeit mal wieder eines mit Fisch und Fleisch.
Dies sind die Kapitel: Kalte Jause; warmer Imbiss; Gemüse, Erdäpfel und Schwammerl; Teigwaren und salzige Mehlspeisen; Fisch, Fleisch und Wurst; Warm und süß; Kalt und süß.
Und dies sind einige Beispiele daraus: Liptauer, Erdäpfelkas, Käferbohnen-Salat, Wurstsalat, Käseomelett, Schinken-Käse-Toast, Toast Hawaii, Spargel mit Erdäpfeln und Beinschinken, Kürbiscremesuppe, Schwammerlsauce mit Semmelknödeln, Kässpätzle, Tiroler Knödel, Schupfnudeln mit Sauerkraut, Paprikahendl mit Nockerln, Brathendl mit Risibisi, Blunzengröstl, Zwiebelrostbraten, Palatschinken, Grießschmarrn, Milchreis, Mohnnudeln, Topfencreme mit Früchten, Eiskaffee, Obstkuchen
Die Zielgruppe
Hobbyköchinnen und -köche, die wissen wollen, wie´s wirklich geht und mit Katharina Seiser ihren Enthusiasmus teilen. Oder sich von ihm anstecken lassen wollen.
Der Schwierigkeitsgrad
…ist trotz (oder gerade wegen?) der präzisen Anleitungen in den meisten Fällen machbar.
Die Zutaten
Katharina Seiser lässt keine Gelegenheit aus, um auf Bio-Qualität zu pochen. Wer will sich schon dabei ertappen lassen, sich ihrem Willen zu widersetzen!? Aber im Ernst: Leider ist die Verfügbarkeit oft schlechter als in Seisers Umgebung. Insofern geben wir unseren Segen für (kleine) Ausnahmen. Die Produkte selbst sind aber fast allesamt sehr einfach und selten speziell.
Die Autorin
Katharina Seiser ist eine der besten Kochbuch-Autorinnen der Gegenwert. Umfang und Qualität ihrer Werke kann sich sehen lassen. Zuletzt erschienen von ihr zwei vegane Kochbücher.
Die Optik
Die originelle Stick-Optik des Covers spielt humorvoll mit den Themen Bodenständigkeit und Tradition. Sehr passend.
Die Seiten sind nicht gerade leer, zu den manchmal sehr detaillierten Zutatenlisten kommen noch Tipps und Varianten. Aber wer viel zu sagen hat, hat eben auch viel aufzuschreiben. Nimmt man also gerne in kauf, zumal alles Hand und Fuß hat.
Die schöne Fotografie stammt von Vanessa Maas.
Das Fazit
Wenn man die wohltuenden Gerichte aus diesem Kochbuch kochen möchte, braucht man eigentlich (fast) kein anderes Kochbuch mehr. Präziser und gelingsicherer wird man sie jedenfalls kaum finden. Und persönlicher beschrieben auch nicht.