Wir kommen beim Tantris im Münchener Stadtteil Schwabing gegen 13h an und haben eigentlich nur anderthalb Stunden Zeit. Doch schon beim Betreten des kathedralen-artigen Baus (hier mehr zur Architektur), ahnen wir, dass das zwar machbar wäre, aber verschenkt. Am Ende sollen es drei Stunden werden.
Das Raum-Erlebnis
Betritt man das Tantris, hat man das Gefühl, Raum und Zeit zu vergessen. Wie abgekapselt von der Außenwelt bewegt man sich fast lautlos durch das mit Teppich selbst an der Decke ausgekleidete Restaurant. Links befindet sich die Bar, die durch durch die tief hängende Decke besonders intim wirkt. Nach rechts öffnen sich großzügige Räume mit hoher Decke, links blickt man auf den gläsernen Wein-„Keller“. Wir durchqueren das Menü-Restaurant und biegen nach links ab. Hier befindet sich das „Tantris DNA“, das die klassisch französische Küche zelebriert und Klassiker aus der Tantris-Vergangenheit mit Köchen wie Eckart Witzigmann und Hans Haas feiert. Im Gegensatz zum Menürestaurant wählt man hier á la carte.
Das neue Lunch-Angebot oder doch die Klassiker?
Eigentlich war unser Vorhaben, das neue Lunch-Angebot wahrzunehmen: Zwei Gänge (Vorspeise+Hauptgang oder Hauptgang+Dessert) für 68 Euro. Doch zu verlockend wirkt die a la carte-Auswahl. Und vor allem steht uns der Sinn nach einem der bekanntesten Klassiker, die die deutsche Hochkücher hervorgebracht hat.
Unser Menü: Die Einstimmung
Während wir noch unsere Entscheidung treffen und mit dem herrlich lockeren und gut gelaunten Service besprechen, geht es auch schon mit drei Köstlichkeiten los: Ein Windbeutel mit Comte und einer Füllung aus Sauce Mornay, das hauseigene Sauerteigbrot mit saftiger Krume und krachender Kruste und eine kleine Schale mit Spinat, Südtiroler Speck und luftigem Polenta-Schaum.
Unser Menü: Die Vorspeisen
Als Vorspeise entscheiden wir uns für Kaisergranat mit Krustentier-Bisque und mit Zanderfarce gefüllter Brioche (48 Euro) und Grünen Spargel aus Südwestfrankreich mit Morcheln, Nocken aus Hühnerfarce, kleinen Gnocchi und Hohenloher Schinken (44 Euro).
Der Kaisergranat hat Spitzenqualität, die Bisque kann man kaum besser machen und das buttrige Brioche enthält eine wolkige Zander-Farce.
Der Spargel ist so dick, wie man grünen Spargel sonst kaum kennt, dazu kommen würzige Morcheln, rahmige Sauce und ein Schinken mit fantastischem Schmelz und würzigem Aroma.
Der Klassiker: Kalbsbries Ruhmor im Tantris DNA
Statt der regulären Klassiker wie soufflierte Jakobsmuschel oder Steinbutt (alle Hauptgänge liegen zwischen 70 und 80 Euro) wählen wir zum Hauptgang den ultimativen Klassiker: Kalbsbries Rumohr, das kulinarische Vermächtnis von Jahrhundertkoch Eckart Witzigmann. Der Klassiker kostet 88 Euro, manche Gäste bewältigen ihn allein, wir teilen ihn uns zu zweit.
Das Erlebnis im Detail: Zunächst wird das Kunstwerk im Ganzen präsentiert, der Mürbeteig ist so buttrig, dass man seinen Duft schon aus der Ferne wahrnehmen kann.
Im Anschnitt sieht man dann die ganze Pracht: In der Teighülle finden sich unten eine dicke Lage vom Kalbsbries, getrennt durch eine Lage duftendem Perigord-Trüffel folgt die Gänseleber, über einer weiteren Trüffelschicht folgt eine Geflügelfarce mit Gemüse-Brunoise. Ummantelt werden die drei Köstlichkeiten durch ein Blatt Wirsingkohl und den fabelhaften Mürbeteig.
Dazu gibt es eine luxuriöse Sauce Albufera, die mit einer Gänseleber-Butter-Emulsion gebunden wird. Ein Traum von einem Gericht.
Die Desserts: Tarte Tatin und Mousse au Chocolat
Auch zum Abschluss bleiben wir der Klassik treu und wählen zwei der wohl ikonischsten Desserts, die es in der Spitzenküche gibt: Tarte Tatin und Mousse au Chocolat. Beide eignen sich wunderbar zum Teilen und sind mit etwas mehr als 30 Euro mehr als fair bepreist.
Die Tarte Tatin begeistert mit säurlichen Äpfeln, intensivem Karamell und perfektem Blätterteig. Dazu gibt es Creme Chantilly mit Vanille und rahmiges Eis mit Muscovado-Zucker.
Die Mousse au Chocolat ist nicht einfach nur eine Mousse, sondern ein Feuerwerk für sich. Denn auf den Tisch werden nun einige Condiments gestellt: Mandelhippen, Schoko-Röllchen, Caramel-Sauce und eine unvergleichlich cremige Vanille-Sauce mit außergewöhnlich, karamellisierte fast ledrig schmeckender blauer Vanille aus Le Reunion. Die Mousse ist die perfekte Balance aus Cremigkeit, Luftigkeit und Schmelz. Zu einem besonderen Genuss wird sie durch hauchdünne Schichten blättriger Schokolade. Besser kann man das wohl kaum machen.
Vollkommenes Glück und passende Kochbücher
Und so endet ein „Mittagessen“, dass diesen Namen eigentlich kaum verdient und mehr einem glücklich machenden Rausch ähnelt. Nachdem wir nach drei Stunden (statt anderthalb) wieder vor die Tür treten, fühlt es sich wie nach dem Ende einer Reise an. Ein Glück, dass es passende Kochbücher gibt, mit denen man diese Küchenkunst zuhause nachvollziehen und nachkochen kann: