Vor knapp einem Jahr habt ihr das Urgestein verlassen, nun scheint das eigene Restaurant in Sichtweite zu sein. Wann ist es so weit?
Benjamin: Wir planen, das „Intense“ im Juli 2017 zu eröffnen und freuen uns tierisch darauf, die ersten Gäste zu begrüßen.
Was könnt ihr schon über den Ort und das Haus verraten?
Bettina: Über den Ort können wir verraten, dass er ein kleines Weindorf ist, das Haus eine große Tradition hat und für uns die perfekte Größe hat. Ausserdem liegt es zentral und ist sehr gut zu erreichen. Für alle, die von ein wenig weiter weg anreisen werden, gibt es auch die Möglichkeit, zu übernachten. Mehr wird noch nicht verraten.
Wie wird das Restaurant innen aussehen und woher kommen die Idee und die Inspiration dafür?
Benjamin: Das Restaurant hat bereits Patina, die wollen wir auf jeden Fall erhalten ohne zu rustikal zu wirken. Da die Räume nicht allzu groß sind, werden wir alles auf das absolut notwendigste reduzieren. Ganz nach dem Vorbild eines japanischen Kaiseki-Restaurants.
Bettina: Wir freuen uns auch schon sehr auf unsere Tische, die werden nämlich besonders. Der Tischler Magnus Mewes schreinert sie uns aus ausgedienten Bariquefässern.
Das neue Restaurant wird also „Intense“ heißen. Vermutlich kein Zufall....
Benjamin: Der Ursprung des Namens war tatsächlich Zufall. Wenn englischsprachige Gäste über meine Gerichte gesprochen und geschrieben haben, fiel immer wieder „Oh, that was so intense!“ Irgendwann hat mich das Wort einfach nicht mehr losgelassen und es wurde zu einer Einstellung. „Intense“ steht für mich jetzt dafür, das absolut Beste aus einem Produkt, einem Gericht und im besten Falle aus einem ganzen Abend rauszuholen. Vielleicht war der Name also nur Zufall, vielleicht war er aber auch einfach nur eine sehr glückliche Fügung!
Wie beschreibst du den Küchenstil im „Intense“?
Benjamin: Logisch – als intensiv! (lacht) Es geht um das Zusammenspiel mit den besten Produzenten der Pfalz, ohne mir jetzt irgendein „Novaregio“-Dogma auferlegen zu wollen. Wir wollen aber auch weiter mal einen Kaisergranat, Zitrusfrüchte und ähnliches servieren ohne das uns jemand ankreiden kann, das dies jetzt aber nicht sehr regional ist. Unsere Basis sind also die Pfälzer Produkte, von denen aus wir dann weiter in die Welt blicken.
...wobei ja zum Beispiel ein asiatischer Einfluss nicht zu übersehen ist.
Benjamin: Ja, aber das kann auch jederzeit anders sein und ist auch nur ein Teil meiner Küche von vielen. Wichtig ist mir, dass man meine Küche in keine Schublade stecken kann.
Logisch, dass wir danach fragen müssen: welche Rolle wird der Kaisergranat im Intense spielen?
Für mich persönlich ist der Kaisergranat das großartigste Krustentier was ich bisher probieren und zubereiten durfte. Da die Preise dafür gerade aber ins unermessliche steigen, wird er ein kleines Luxusgut bleiben, das wir in der Saison zusätzlich zum Menü, vom Holzkohlgrill anbieten werden. Nur mit einer Reduktion aus den eigenen Karkassen gewürzt.
Für viele Restaurants hat das Geschirr eine immer größere Bedeutung bekommen. Der Trend geht augenscheinlich zu handgemachten Tellern. Welches Geschirr wird es bei Euch geben?
Benjamin: Unser Geschirr kommt von Ingrid Zinkgraf. Ich war der Erste, der mit ihrem Geschirr arbeiten durfte. Und ich werde ihr Geschirr immer verwenden, auch wenn dieser „Trend“ zu handwerklichem Keramik wieder verschwinden sollte. Denn mit ihrer Keramik zu arbeiten, hatte nie mit diesem Trend zu tun. Es war einfach eine logische Konsequenz. Die Künstlerin ist aus unserer Nähe, macht einfach sauschönes Zeug und nach langer Überredungsphase war sie auch bereit, Geschirr für uns zu machen. Das war für mich einer der wichtigsten Schritte in meiner bisherigen Laufbahn. Nichts ist für mich inspirierender, als Handwerker, die mit dem gleichen Engagement ihren Beruf ausleben, wie wir das tun. Dazu kommt noch Michael Schwarzmüller, der für uns mundgeblasene „Dubbegläser“ fertigt. Und so wird alles sehr individuell und weit ab vom Standard.
Im „Urgestein“ hat es einige „Peifer-Klassiker“ gegeben, zum Beispiel den „Bienenstich Intense“ oder die „Hommage an die Pfalz“, bleiben diese Klassiker bestehen oder kommen neue dazu?
Benjamin: Neue Klassiker ist ja schon ein Widerspruch in sich, aber selbstverständlich entwickelt man weiter neue Gerichte und es fällt immer schwerer, Gerichte, mit denen man was verbindet, wieder aus dem Menü zu nehmen. Gerichte wie der Bienenstich „Intense“, den Ike Jime-Saibling in Schwarzwaldmiso und den glasierten Sellerieravioli wird es weiter geben. Diese Gerichte werden dann allerdings nicht mehr in das Menü integriert, sondern separat zum Aufstocken des Menüs angeboten.
Welche Produkte werden die Handschrift des Intense besonders prägen?
Benjamin: An erster Stelle steht das Beste der Region. Allerdings lässt sich damit noch weder für mich (noch vermutlich für unsere Gäste) ein hundert Prozent zufriedenstellendes Menü kochen. Wenn man auf dem von uns angepeilten Niveau essen geht, möchte man vielleicht auch mal etwas Luxus. Nicht in jedem Gang, aber so’n bisschen Trüffel hat noch keinem Stück Fleisch geschadet.
Wir haben zum Beispiel auch zusammen mit Peter Koch von „Schwarzwald-Miso“ ein eigenes Miso kreiert. Mit Soja, Lupine, Reis und Gerste. Und viel Zeit. Das passt perfekt zu unserem Signature-Dish „Ike Jime Saibling von Dominik Hans / Fenchelsalat mit Koriander und Sesam und Dashiessig aus den Gräten“.
Besonders wichtig wird für uns auch der Grill sein. Wir haben uns gerade einen japanischen Binchotangrill aus einer kleinen Manufaktur bestellt, die noch sehr klassisch arbeiten und den Grill aus einem einzigen Stück fertigen. Dazu haben wir vom letzten Köhler der Pfalz eine sensationelle Buchenkohle bekommen.
Wie wird denn die Karte aussehen, gibt es nur feste Menüs oder kann man auch á la carte bestellen?
Benjamin: Unser Ziel ist es, auf eine Speisekarte im klassischen Sinn zu verzichten. Das bedeutet, am Abend selbst wird es das schon geben, aber wir wollen soviel Spannung wie möglich erhalten. Ein Abend im „Intense“ soll mehr sein als ein klassischer Restaurantbesuch bei dem der Gast seine Menüfolge selbst bestimmt. Das gibt uns die Möglichkeit besser zu planen und zu kalkulieren, Stressspitzen entstehen nicht und dadurch läuft alles reibungsloser und irgendwie „perfekter“. Für den Gast hat es den Vorteil das er sich einfach fallen lassen kann und sich nicht den Kopf zerbrechen muss ob er denn jetzt das richtige gewählt hat und was wäre wenn nicht….
Bettina: Wir hatten die schönsten Abende in Restaurants wenn wir keine Entscheidungen treffen mussten, also ist es an uns, unseren Gästen zu zeigen, wie schön es ist, wenn man einfach nur genießen darf.
Benjamin: Wir haben uns an der japanischen Tradition des „Omakase“ (Anm. d. Rede: der Gast überlässt hier dem Koch die Auswahl) orientiert und ein bisschen die Pfälzer Oma mit integriert. Und die hat bei uns und mit Sicherheit auch in vielen anderen Familien immer gesagt: „Es werd gesse, was uff de Disch kummt“. Und ganz ehrlich: unsere Omas haben uns nie enttäuscht, oder...!?
Es fällt auf, dass ihr über Facebook und Instagram intensiv auf das neue Restaurant hinweist. Welche Bedeutung haben die sozialen Medien heute für den Erfolg eines (neuen) Restaurants?
Benjamin: Ich glaube, dass es tatsächlich wichtig ist, sich intensiv damit zu befassen, weil es ein wahnsinnig direkter Kontakt zu sehr vielen Menschen ist. Wir haben auch gemerkt, je aktiver wir in den sozialen Medien sind, desto mehr wird auch über uns auf der Strasse geredet. Und dass wir ein Geheimnis daraus machen, wo das Ganze sein wird, ist der beste Brandbeschleuniger den man ohne Geld kaufen kann.
Das „Intense“ hatte auch schon lange vor der Eröffnung ein Logo, du scheinst es als Marke aufzubauen…
Benjamin: Das mit dem Logo war und ist eine glückliche Fügung. Das Logo hat ein guter Freund zusammen mit uns entworfen und wir waren uns direkt einig, dass da einiges an Potential drin steckt. Selbstverständlich wäre es mir eine Freude zu sehen, dass es als „Pälzer Bu“ möglich ist, eine Marke zu erschaffen, die für Genuss und intensiven Geschmack steht. Aber das ist nicht der erste Schritt. Was wir uns aber nicht haben nehmen lassen, ist einen eigenen Gin zusammen mit dem auf Mallorca lebenden Winzers Stefan Winterling, der die Marke „Gineva“ schon erfolgreich ins Leben gerufen hat, zu kreiren: „Gintense“ ist ein Gin der auf Basis von Yuzu, Koriander und Ingwer perfekt zu uns und unserer Küche passt.
Rund ein Jahr warst du nun ohne Restaurant, wie hast du die Zeit zur Vorbereitung auf das neue Restaurant genutzt und womit verbracht?
Benjamin: Ich war und bin als Mietkoch unterwegs und koche privat bei unseren zukünftigen Gästen zuhause. Das war und ist für mich eine unfassbar wichtige Zeit, auf die ich wirklich nicht mehr verzichten will. Denn sie hat mir gezeigt, was für die meisten Gäste wirklich wichtig ist. Und das sind nicht die perfekten Gelpunkte exakt drei Zentimeter vom Tellerrand und auch nicht das Mittelstück des Wildgefangenen 8-Kilo-Steinbutt. Sondern den Gästen geht es um Geschmack. Und wenn die Forelle oder das Stück Sellerie so zubereitet ist, dass es dir im positiven Sinne die Schuhe auszieht, ist das für jeden Gast viel mehr Wert als ein optisches Tellerkunstwerk.
Bald geht es also los, was habt ihr in der Zeit ohne eigenes Restaurant vermisst und worauf freut ihr euch am meisten?
Bettina: Ich freue mich auf meine eigene Ordnung. Zu wissen, wo alles steht. Und die Gäste in den eigenen vier Wänden begrüßen zu dürfen. Und ich freue mich riesig auf die gemeinsame Vorbereitungszeit im Team. Aber das Wichtigste: aus der eigenen Weinkarte schöpfen zu können!
Benjamin: Man muss sich schon ziemlich einschränken wenn man in Privatküchen kocht und man nicht weiß, was auf einen zukommt. Mir fehlt auch diese gewisse, sehr angenehme Grundspannung die man vor einem Abendservice hat und das Restaurant ausgebucht ist. Und ich vermisse ein Team um mich. Und mein Grill, mein Geschirr. Und meine Spülmaschine (lacht).
Wie wird die Weinkarte denn aussehen?
Bettina: Die Weinkarte wird natürlich sehr Pfalz-bezogen sein. Für mich war der Bezug zu meiner Heimat, der Mosel, auch wichtig. Ein paar Österreicher, Franzosen und Co. werden auch ihren Platz finden sein. Wichtig ist für uns, dass der Spaß am Wein im Vordergrund steht. Es wird auch eine Schwarzmarkt-Karte geben. Hier haben wir ein paar tolle Einzelflaschen aus verschiedenen Jahrgängen, die man sich zu besonderen Momenten gönnt.
Bettina, du wirst den Service leiten. Worauf kommt es dir da an?
Bettina: Mir ist es wichtig, dass der Gast einen schönen Abend hat und diesen auch genießen kann. Ich finde es zum Beispiel schrecklich, wenn ich den Gast am Abend x-mal stören muss, weil ich Besteck nachdecke, und dann jedes Mal den Gesprächsfluß am Tisch störe. Aus diesem Grund wird es bei uns Besteckboxen geben. Das macht vieles leichter. Unser Gast kann sich damit nämlich sein Besteck selbst raussuchen. Und niemand wird ihn dabei belehren, dass er mit dem falschen Besteck gegessen hat. Es soll unkompliziert aber nicht primitiv sein.
Ihr wollt das perfekte Restaurant sein, was bedeutet für euch Perfektion?
Benjamin: Das heißt vor allem, dass wir ein Restaurant schaffen wollen, in dem wir uns persönlich sauwohl fühlen würden. Das bedeutet leckeres, unkompliziertes Essen, dass so gut ist, dass es einem in Erinnerung bleibt. Und eine Atmosphäre, die dazu einlädt, sich fallen zu lassen. Und, wenn einem danach ist, auch mal die Schuhe auszuziehen. Ein Restaurant in dem man sich einfach fühlt wie bei besten Freunden. Bei Freunden, die ihr Handwerk verstehen.
Vielen Dank für das Interview, wir wünschen euch viel Erfolg!