Das Kochbuch
Lutz Geißler, mit Abstand Deutschlands bester und erfolgreichster Autor von Brotbackbüchern, widmet sich in seinem neuen Werk der großen Brötchen-Vielfalt. Das Buch überzeugt wie auch seine Vorgänger mit Stringenz, Zuverlässigkeit der Rezepte, handwerklichen Präzision – und natürlich dem Genuss, mit dem man sich selbst belohnen kann.
Das Thema
Lutz Geißlers Bestandsaufnahme der Brötchen-Kultur ist fast niederschmetternd. Zu Beginn des Buches beschreibt er, wo aus seiner Sicht die Probleme lägen:
Über Jahrzehnte sei mit Brötchen nicht wertschätzend umgegangen worden. Oft seien sie nur noch aufgeblasene Backwaren, die ohne Liebe und stattdessen mit Zusatzstoffen und zugesetzten Enzymen gebacken würden. „Gebäcke ohne Geschmack aber mit viel Luft“, die man in SB-Theken, bei vielen (Filial)-Bäckern und in Tankstellen für ein paar Cent kaufen würde.
Motiviert durch diesen Missstand hat Lutz Geißler mehr als bloß eine reine Rezept-Sammlung zusammengetragen. Stattdessen hat er nach eigener Schilderung in alten Quellen recherchiert, kryptische Back-Anleitungen in die heutige Sprache übersetzt und das Wesentliche der althergebrachten Rezepturen herausgearbeitet.
Sein Ziel: So viele Brötchensorten wie möglich aufzuschreiben. Und das so einfach wie möglich, angepasst an die Möglichkeiten normaler Haushaltsküchen, ohne den Charakter der Rezepte zu verändern. Anspruch auf Vollständigkeit erhebt Lutz Geißler nicht. Viel mehr wolle er mit seinem Buch Brötchen wieder ins Gespräch bringen und zum Nachbacken und Bewahren der Rezepte anregen.
Das Buch ist daher ein verdienstvoller Beitrag zum Erhalt dieser Brötchen-Kultur. Umso bedauerlicher, dass die Steckbriefe der Brötchen nicht ausführlicher sind, mehr Details zu ihrer Herkunft verraten oder Unterschiede zwischen ähnlich wirkenden Brötchen erklären.
Der Inhalt
Besonders überzeugend ist neben den Rezepten auch der weitere Inhalt. Lutz Geißler erklärt, welches Zubehör und welche Zutaten benötigt werden (jeweils mit kurzer Beschreibung, Begründung und Empfehlungen), erklärt die wichtigsten Handgriffe, beantwortet die häufigsten Fragen rund ums Brot- und Brötchen backen und erklärt in einem Glossar die wichtigsten Begriffe der Bäckersprache. Hier bleiben keine Fragen offen.
Die einleitenden Texte des Buches sind allesamt sehr lesenswert und informativ. Besonders die Abschnitte über die Brötchen-Vielfalt, Eigenschaften der Brötchensorten, ihre handwerkliche Bedeutung und Geschichte. Sogar zur sprachlichen Verbreitung und deren Veränderung (Das Wort „Brötchen“ verdränge Begriffe wie Semmel, Weck und Schrippe) findet sich ein Absatz.
Die Rezepte
Die 99 Rezepte des Buches werden direkt zu Beginn sehr übersichtlich mit Abbildungen der Brötchen dargestellt. Weitere Sortierungen finden sich hinten im Buch, wo die Rezepte alphabetisch, nach Getreideart, Sauerteig, vegan, Plunder, süß und herzhaft geordnet werden.
Der Großteil der Brötchen sind reine Weizenbrötchen. Gegen gesundheitliche Vorbehalte schreibt Lutz Geißler einen kurzen Text, der erklärt, weshalb die Brötchen dennoch gut verträglich seien: Durch den Einsatz von Vorteigen, Sauerteigen und dem Einsatz von wenig Hefe, was wiederum eine lange Teigreife mit sich bringe.
Die Rezepte setzen sich aus Klassikern und moderneren Sorten zusammen und stammen überwiegend Deutschland. Einige wenige auch aus europäischen Nachbarländern.
Beispiele sind: Baguettebrötchen, Brioche, Campingbrötchen, Croissants, Dinkelbrötchen, Dinkelseelen, Franzbrötchen, Hamburger Buns, Roggenbrötchen, Laugenbrezeln, Milchbrötchen, Milchhörnchen, Müslibrötchen, Panini, Rosensemmel, Schrippe und Südtiroler Vinschgerl.
Der Autor
Lutz Geißler hat mit seinen Büchern und Backkursen maßgeblich dazu beigetragen, dass sich in Deutschland eine große Szene von Hobbybäckern gebildet hat. Deren Können entspricht der Bandbreite von Geißlers Büchern: Von Einsteigern bis zu Halbprofis.
Dabei ist Lutz Geißler eigentlich selbst Autodidakt. Der studierte Geologe suchte einen privaten Ausgleich zur wissenschaftlichen Arbeit und fand ihn im Brot backen. Seit einigen Jahren nun schon schreibt er äußerst erfolgreiche Brotbackbücher und gibt Brotbackkurse zu unterschiedlichen Schwerpunkten.
Der Schwierigkeitsgrad und die Zielgruppe
Die überwiegende Zahl der Brötchen-Rezepte ist handwerklich etwas anspruchsvoller. Wer neu im Brot- und Brötchen backen ist, dem empfehlen wir eines der Einsteiger-Bücher von Lutz Geißler. LINK Wer jedoch schon über etwas Erfahrung verfügt, kann mit den Rezepten tolle Ergebnisse erzielen.
Die Optik
Die tabellarische Darstellung der Rezepte in Stichworten ist zunächst gewöhnungsbedürftig, die Erläuterung dazu vorne im Buch aber sehr hilfreich. Die Fotografie hilft beim Nachvollziehen der Schritte und zeigt, welch hübsche Formen die vielen Brötchensorten haben.
Die Zutaten
Die unterschiedlichen Mehle und wenigen weiteren Zutaten hat man ohne große Mühe zusammen.
Das Fazit
Es ist keine Überraschung: Auch das neue Buch von Lutz Geißler verdient Bestnoten. Für präzise Rezepte, bestes Handwerk, köstliche Ergebnisse – und den besonders ehrenwerten Verdienst, ein Stück Brötchenkultur zu erhalten.