Kochbuch-Rezension
von (17. Oktober 2024)

Besser Vollkorn backen

Brote, Brötchen und Süßes aus Vollkornmehl – saftig, locker und gesund. 50 Rezepte mit langer Reifezeit und wenig Arbeitszeit

8,7 / 10

Das Kochbuch

Vollkorn ist für viele ein Reizwort. Und der Grund dafür liegt oft in der Vergangenheit: trockene, bröselnde Brote und Gebäcke haben bei vielen für immer Spuren hinterlassen. Die Vollkornpizza aus der Schulkantine des Autors dieser Rezension hat sich fest in sein Gedächtnis gebrannt.  Lutz Geißler schickt sich mit seinem Brotbackbuch nun an, diesen Eindruck wieder geradezurücken. Seine Mission ist es, zu zeigen, dass Brote und Gebäcke aus Vollkorn nicht nur gesund, sondern auch locker, saftig und ein Genuss sein können. Sein Anspruch: sie sollen Gebäcken aus Typenmehlen „in nichts nachstehen.“ Mission accomplished.

Gebäcke mit Fantasie-Namen und weitere Besonderheiten

Dieses Buch hat einige Besonderheiten. Zunächst fällt beim Blick auf das bebilderte Inhaltsverzeichnis auf: Die Gebäcke haben allesamt Fantasienamen: Dinkelschmatzer, Braunbär, Roggi, Feldhamster, Luftikus, Milchkanne, Saftsack.

Wir sehen darin jedoch kleinere Probleme: Die Namen klingen für unseren Geschmack etwas zu verspielt und zweitens ist an ihnen nicht sofort erkennbar, um was für ein Brot es sich handelt, bzw. aus welchen Getreidesorten und anderen Zutaten es gebacken ist.

Auch auf der Rezeptseite besteht dieses Problem. Spätestens hier wäre es zweckmäßig, eine präzise Beschreibung oder das ursprüngliche Vorbild direkt unter den Titel zu schreiben, etwa „Weizenmischbrot“. Stattdessen muss man erst den nicht selten recht langen Vorspann oder gar die Zutatenliste lesen, um diese Information zu erhalten. Hilfreich ist dagegen das gut gegliederte Register hinten im Buch, das die Rezepte nach Getreideart, Lockerungsmittel, Gebäckart und (Zeit-)aufwand ordnet.

Aufklärung für sein Vorgehen liefert Lutz Geißler in seinem Vorwort. Darin führt er aus, dass es nicht sinnvoll gewesen wäre, bestehende Rezepte einfach auf Vollkornmehl „umzubauen“. Stattdessen sei es geboten gewesen, neue Sorten zu entwickeln. Und diese Vollkorn-Gebäcke hätten einen so anderen Charakter, dass sie und die Vorbilder aus anderen Mehltypen „nicht weiter auseinander liegen“ könnten.

Lutz Geißler meint es also gut, wenn er sagt, er wolle mit der Angabe der Vorbilder niemanden auf die „falsche Fährte führen“. Wir meinen: Er nimmt es hier etwas (zu) genau. Denn eine „Vizza“ klingt eher nach einem veganen Supermarkt-Produkt und dass die „Sünde“ quasi ein Vollkorn-Brioche ist, ist ganz offensichtlich. Auch wenn Geißler wohl vehement widersprechen würde.

Ein zweiter kleinerer Kritikpunkt sind Brotrezepte, die sich zum Teil nur im Detail unterscheiden. Etwa durch die Art der Aufarbeitung oder Vorstufen (-teige). Wir bezweifeln nicht, dass sich dadurch Unterschiede im fertigen Brot ergeben. Aber haben die Leser ein ähnlich tiefes Interesse an diesen Details wie Lutz Geißler oder würden sie sich statt einer leicht abgewandelten Variante vielleicht mehr über ein ganz anderes, weiteres Rezept freuen?

Bei den salzigen Gebäcken wäre es zudem schön, auch genaue Rezepte für den Belag (Pizza, sorry „Vizza“, „Vlammkuchen“) oder die Füllung (Schnecken) zu haben statt lediglich knapper Empfehlungen.

Eine weitere Besonderheit des Buches: Lutz Geißler hat sich von der üblichen Struktur (vorne der Grundlagen-Teil, danach die Rezepte) gelöst. Stattdessen wechseln sich beide ab. Geißlers Anregung: man solle „sich treiben“ lassen und sich durch das Buch „schmökern.“ Da gehen wir mit, denn es lockert das Buch angenehm auf.

Der Inhalt der über das Buch verteilten Infoseiten ist gewohnt präzise und lehrreich. Es geht zum Beispiel um das richtige Zubehör, Sauerteig, mischen oder kneten, die Definition von Vollkorn und Mahlgrade. Spannend ist auch der differenzierende Abschnitt zum gesundheitlichen Vorteil von Vollkornmehl. Spoiler: Es kommt (auf die Verarbeitung) drauf an!

Die Gebäcke im Einzelnen

Damit bloß kein falscher Eindruck entsteht: Die Rezepte bzw. die Gebäcke, die aus ihnen entstehen, sind immer noch oberstes Regal. Handwerklich und kulinarisch. Einige garantiert köstliche Beispiele: Bauernlaib (Roggen), Goldkruste (Weizen), Dinkelkorn, Saftsack (Dinkel, Roggen, Saaten), Luftikus (nach Ciabatta-Art), Weizenkissen (Brötchen), Burgerbuns, Nussbeißer, Müslaner, herzhaft gefüllte Schnecken.

Der Schwierigkeitsgrad und die Zielgruppe

…variiert zwischen sehr einfach (Rezept „Das einfachste Weizenvollkornbrot der Welt“) und anspruchsvoll. Anfänger können mit dem Buch den Einstieg wagen, wir empfehlen dafür aber eher eines der anderen Brotbackbücher, die explizit einfache Rezepte enthalten. Hier sind unsere Empfehlungen.

Clever ist, dass es zu allen Rezepten zwei Ausführungen gibt: Eine ganz knappe in Stichworten für Fortgeschrittene und eine ausführliche für Einsteiger.

Hilfreich sind auch die sehr guten, weil kleinteiligen Schritt für Schritt-Bilder mit allen Handgriffen.

Ebenfalls eine gute Idee ist die Angabe der aktiven Arbeitszeit. Denn Brot backen hat bekanntlich viel mit warten zu tun, weshalb immer noch viele Leute vor langwierigen (aber eben nicht arbeitsintensiven) Rezepten zurückschrecken. Vielleicht kann diese Angabe dazu beitragen, mit dem „Das ist immer so viel Arbeit“-Mythos aufzuräumen.

Die Zutaten

Findet man in jedem guten (Bio-)Supermarkt oder Drogerie. Logischerweise kommen in den Rezepten nur Vollkornmehle zum Einsatz, keine Typenmehle. Längere Zutatenlisten können also, wenn überhaupt, nur entstehen, wenn verschiedene Getreidesorten und z. B. Saaten verbacken werden.

Der Autor

Lutz Geißler, der ursprünglich Diplom-Geologe ist, ist schon seit Jahren einer der profiliertesten Brot-Experten im deutschsprachigen Raum und zugleich der aus unserer Sicht beste und erfolgreichste Autor für das Thema Brot. Mehr als 600.000 verkaufte Exemplare (eigene Angabe) und Auszeichnugen mit dem Deutschen Kochbuchpreis sind kein Zufall. Dies ist sein 18. Buch.

Die Optik

…ist sehr gelungen. Zu der ansprechenden Fotografie von Oliver Brachat kommt ein klares und ästhetisches Layout von Miriam Strobach.

Das Fazit

Ein Brotbackbuch mit gewohnt hervorragenden Rezepten. Es füllt im Kochbuch-Regal die kleine, aber in vielerlei Hinsicht spannende Nische des „Vollkorn“-Themas. Auch wegen der nützlichen Inhalte abseits der Rezepte.

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geschrieben von:
Benjamin Cordes
Benjamin Cordes ist Autor und Experte für Kulinarik. Seine Filme sind im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu sehen, seine Texte u.a. im Magazin Falstaff zu lesen. Er ist Gründer von Kaisergranat.com und Initiator des Deutschen Kochbuchpreises.

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