Džiaugsmas
Das Džiaugsmas befindet sich in einem sympathischen kleinen Altbau und ist von außen kaum zu erkennen. Nur ein kleiner Schriftzug und das Michelin-Stern (der eigentlich ein Macaron ist) deuten darauf hin, dass man hier kulinarisch spannende Dinge erleben kann.
Betritt man das Restaurant durch die Holztür, dominieren schwarze und Anthrazit-Töne, das Interieur ist puristisch bis karg. Das kann etwas düster wirken, insbesondere im Untergeschoss. Etwas belebter und kurzweiliger sitzt es sich im Obergeschoss, nah an der Küche und mit Blick auf den Fleisch-Reifeschrank.
Das Tasting-Menü mit neun Runden (inklusive Apero und Petit Fours) aus der Küche kostet bei unserem Besuch 99 Euro.
Zum Auftakt zählen aufwändig verzierte schwarze Macarons, die farblich abgestimmt auf (kalter) Holzkohle serviert werden. In den Talern verbergen sich Forellen-Confit, Forellen-Kaviar, eine rahmige Creme und Jalapenos.
In einem knusprig frittierten Körbchen befinden sich saftiges Kalbsbries und Pilz-Mayonnaise, obendrin stecken Stücke von knuspriger Hühnchenhaut. Süffig, würzig, herzhaft und sehr gut.
Der erste der drei Hauptgänge ist eine mit Shiitake-Pilzen gefüllte Teigtasche mit geräuchertem und süßlich glasiertem Aal, einer intensiven rahmigen Aal-Sauce (nicht im Bild) und Seetang.
Auch im Anschluss spielt Aal eine wichtige Rolle: Zum Steinbutt mit Fisch-Fond und Bohnen kommen kleine Stücke vom Aal.
Die knusprig gebratene Perlhuhnbrust ist mit einer Farce gefüllt und wird von einer perfekt abgestimmten Perlhuhnjus, schwarzem Knoblauch-Püree und Pak Choi begleitet.
Ein unvergessliches Highlight war das samtige Steinpilz-Eis. Perfekt in der Konsistenz und ebenso die Dosis des feinen Pilzaromas. Das zweierlei Schokoladenmousse darunter gerät fast in den Hintergrund.
Demoloftas
Ein herrlich entspannter Ort für den ganzen Tag ist das Demoloftas etwas außerhalb vom Zentrum.
Tagsüber ist der luftig-helle Raum Café und legeres Restaurant mit sehr gutem Mittagstisch, abends verwandelt er sich in das Sternerestaurant „Demo.“ Wir waren mittags zu Gast und haben hervorragende, unkomplizierte Gerichte genossen.
Diese drei waren besonders überzeugend: Wirsing mit Petersilienwurzel-Creme, eingelegtem Fenchel, Kräutern und Forrellen-Kaviar; Geröstete bunte Karotten mit Cashew-Creme und gerösteten Haselnüssen; Gebratene Pilze mit Karotten-Creme, würziger Hühnchen-Terrine und frittiertem Buchweizen. Alle drei Gerichte kosten 13 bzw. 14,50 Euro. Nachdem das alles so vielversprechend geschmeckt hat, sollten wir beim nächsten Vilnius-Besuch unbedingt auch abends hier einkehren.

Nineteen18
Das Sternerestaurant mit dem beeindruckendsten Interieur ist das Nineteen18 in einem 400 Jahre alten historischen Gebäude. Man erreicht es durch einen tunnelartigen Gang, die Tische stehen (abgesehen von einem intimen Nebenraum) allesamt in einem großen Saal.
Die Küche ist offen, darumherum steht ein langer Tresen, an dem ebenfalls Gäste sitzen. Die Tische werden punktgenau von Spots beleuchtet. Die Atmosphäre ist fast mondän und kosmopolitisch. Man wähnt sich eher in einer Millionen-Metropole als in dem recht beschaulichen Vilnius. Beeindruckend. Wegen einer Aktionswoche erleben wir an diesem Abend jedoch leider nur einen kleinen Einblick in das, was die Küche hier auftischt.
Herausragend ist zum Auftakt eine filigran-knusprige Waffel mit Tatar und geriebenem „Džiugas“-Käse. Die unterschiedlichen Konsistenzen von knusprig bis weich, die intensiven Aromen – ein großer Genuss.
Auf der etwas derberen Seite ist eine Art litauischer Taco. Der Taco wurde aus Mehl von schwarzen Bohnen hergestellt und mit Räucherfisch, Rote Bete, Salzgurke, fermentierten Johannisbeeren, Dill und einer Kümmelmayonnaise belegt.
Die anschließend folgenden Teigtaschen sind mit Rind- und Schweinefleisch gefüllt. Sie liegen in einer herzhaften Brühe aus Geflügel und Pilzen. Dazu kommen eine Pilzcrème, kleine Kleckse Sauerrahm und Estragon-Öl.
Hauptgang ist an diesem Abend ein prinzipiell gut gebratenes Stück Rind, das jedoch offenbar zu lange auf seine Abholung wartete. Es ist kalt. Die kräftig reduzierte Geflügelsauce ist stark im Aroma, kann das Temperatur-Manko jedoch nicht ausgleichen. Ebensowenig die beiden gebratenen Pfifferlinge. Auch die Desserts mit Steinpilz, Schokolade und Eis mit Ameisen (leicht sauer, aber vor allem hart) bleiben blass.
Unser Eindruck: An diesem Abend war einfach etwas Pech im Spiel. Das Restaurant ist derart atmosphärisch und eindrucksvoll, dass man eigentlich nur sicher sein kann, dass Andrius Kubilius und seine Crew es besser als an diesem Tag können.
Einen ausführlichen Bericht über das Nineteen18 gibt es auch bei Highfoodality und den Sternefressern zu lesen mit einem weitestgehend anderen Menü und anderen Eindrücken.
Das Vilnius-Kochbuch
Wer die litausiche Küche zuhause erleben möchte, für den haben wir eine Empfehlung. Das Kochbuch „Vilnius“, das wunderbare Rezepte für bodenständige Gerichte enthält und spannende Geschichten aus Litauens Hauptstadt erzählt.

Pas Mus
Ausgerechnet das unscheinbarste Sternerestaurant in Vilnius hat bei uns den nachhaltigsten Eindruck hinterlassen.
Im „Pas Mus“ (übersetzt „bei uns“) sitzt man an einfachen Tischen oder einem Tresen direkt an der offenen Küche und kann Vita Bartininkaitė und ihrem Team bei der Arbeit zu sehen. Ihr Küchenstil ist von Purismus geprägt, alle Gerichte bestehen nur aus wenigen Zutaten. Das feste Menü kostet zum Zeitpunkt unseres Besuches 80 Euro.
Nach einem Teller mit verschiedenen fermentierten Gemüsen und Früchten (Gurke, Rettich, grüne Erdbeere, Spargel, Stachelbeere und gegrillte grüne Tomate) folgt ein herrliches Arrangement zum snacken: Ein dunkel-malziges Roggenbrot mit Kümmel, warm-flüssiger brauner Butter, Radieschen und saure Sahne mit Bärlauch-Öl zum Hineindippen der Radieschen. Auch das Topinambur-Tartelette mit Kartoffel-Schaum, geräuchertem Käse und karamellisierten Pilzen ist köstlich herzhaft.
Für hörbaren Enthusiasmus sorgte bei vielen Gästen die „Jakobsmuschel-Pizza“. Eine dünne knusprige Kartoffelteig-Ecke auf der in Tamari marinierte Jakobsmuschel scheiben liegen.
Was danach folgte, war eines der besten Brioches, die man sich vorstellen kann. Luftig-leicht und trotzdem buttrig-saftig. Dazu geräucherte Butter und ein sehr grob geschnittenes Tatar von lange gereiftem Rind, das durch die Grobstückigkeit ein faszinierendes, erlebbares Mundgefühl bot und mit Zwiebel-Shoyu perfekt abgeschmeckt war.
Ein ebenso großer Geniestreich: Eis aus weißem Tomatensaft und -blättern mit einer kleinen Nocke Kaviar. Die Tomaten-Note ist intensiv und wird von Milch und Sahne nur gerade ebenso getragen, sodass das Eis trotzdem leicht ist und im Mund bald verschwindet. Der Kaviar ist ein salziges I-Tüpfelchen.
Hauptgang ist eine gereifte Entenbrust mit kräftigem Aroma, dazu gibt es lediglich ein paar Stachelbeeren und eine unvergessliche Sauce: Stark eingekochter Entenfond, dem kein weiteres Salz zugesetzt wurde. Reiner, konzentrierter Geschmack. Traumhafter Purismus! Die Desserts blieben nach meinem Eindruck etwas hinter den vorherigen Gängen zurück.
Auch die Sternefresser und Oliver Wagner von den Kochfreunden waren hier zu Gast.

Offenlegung
Die Besuche fanden im Rahmen einer Pressereise statt. Danke an GoVilnius, AirBaltic und die Agentur Kaiserhappen (mit Denise Wachter, Stevan Paul und Oliver Wagner).
Noch mehr Lesestoff über Litauen:
Bei Highfoodality, Kochfreunde und Stevan Paul