Das Kochbuch
Darum dürften ihn viele beneiden: Matthias Gfrörer kocht im Restaurant „Gutsküche“ auf dem Gut Wulksfelde, einem Bioland zertifizierten landwirtschaftlichen Betrieb am nordöstlichen Rand von Hamburg mit eigenem Hofladen. Dort müssen das Gemüse und andere Lebensmittel nur ein paar Meter auf dem Weg zu ihm in die Küche zurücklegen. In seinem Kochbuch verwandelt Gförer diese Vorlage zu einem Volltreffer der vegetarischen Küche. Seine Rezepte sind mitunter recht aufwändig, zeigen aber das große Potenzial der kreativen Gemüseküche.
Der Inhalt und die Rezepte
In dem Kochbuch widmet sich jedes Kapitel einem oder mehreren Gemüsen. Die Titel der Abschnitte lesen sich zuweilen etwas kitschig: „Der bunte Blattkünstler – Mangold“ oder „Wunder des Waldes – Pilze“.
Die Gerichte sind überwiegend klassisch und/oder modern („moderne Klassik“ wäre daher auch eine zutreffende Beschreibung), geografisch sind sie ganz überwiegend dem mittel- und südeuropäischen Raum zuzuordnen.
Die Rezepte sind zum Teil anspruchsvoll und gehen in ihrer Komplexität dann schon fast in Richtung vegetarischem „Fine dining“. Das ist spannend und horizonterweiternt, aber in diesen Fällen nur bedingt alltagstauglich.
Einige Beispiele: Risotto mit dicken Bohnen, Erbsen und Gremolata / gebrannter Sellerie mit Nussbutter und schwarzem Winter-Trüffel / Artischockenböden mit Aioli und Mandelcreme / römische Nocken mit Datteltomaten-Konfekt / Hokkaido-Maultaschen mit Flower Sprouts / Spargelfrikassee mit Zuckererbsen, Frühkartoffeln und Estragon.
Was man wissen muss: „100% vegetarische Genussküche" bedeutet in diesem Fall, dass auch Kaviar (z. B. bei der festlichen Kartoffeltarte), Sardellen (Weißkohl Wiener Art) und Fischfond (Sauce Rouille zum gesottenen Fenchel) verwendet werden. Für diese Produkte mussten die Fische bekanntlich sterben. Streng genommen führt der Titel also in die Irre, bzw. ist eben nicht zu 100% korrekt.* Leider stimmen auch einige Seitenzahlen im Inhaltsverzeichnis nicht, etwa bei dem Weißkohl-Salat.
Abgesehen von knappen Warenkunden gibt es neben den Rezepten keine weiteren Inhalte. Desserts finden sich in dem Buch nicht.
Der Schwierigkeitsgrad und die Zielgruppe
Die überwiegend aufwändigen Rezepte sind eher nichts für Einsteiger, stattdessen gut für interessierte und ambitioniertere Hobbyköche geeignet.
Die Zutaten
Die Zutatenlisten sind bei vielen Rezepten relativ lang. Die Zutaten selbst sind jedoch nur selten exotisch und gut erhältlich. Wenn man doch nur direkt auf einem Bauernhof mit eigenem Gemüse leben könnte!
Der Autor
Matthias Gfrörer hat eine Vielzahl von Stationen in der internationalen Sternegastronomie absolviert. Seine „Gutsküche“ ist mit einem grünen Michelin-Stern ausgezeichnet. Antonia Wien hat ihn bei diesem Kochbuch unterstützt.
Die Optik
Ansprechende Foodfotografie, bei der uns die puristischen Bilder am besten gefallen. Die Hintergründe haben einen unübersehbaren braun-anthrazit-Drall. Das muss man mögen.
Gleiches gilt für die bildliche Über-Präsenz von Matthias Gfrörer. Während einige (wenn nicht sogar die meisten Autorinnen und Autoren) ganz auf eigene Abbildungen verzichten, taucht Gfrörer hier sehr oft auch. Gerne mit Gemüse in der Hand oder über der Schulter. Das erinnert zuweilen fast an einen Bauern-Kalender.
Das Fazit
So geht anspruchsvolle, zeitgemäße Gemüseküche. Eine Bereicherung des vegetarischen Kochbuch-Segmentes.
* Danke für den Hinweis an den Podcast Kochbuch-Check.