In ihrem neuen Kochbuch liest man, dass ihre Großeltern Nebenerwerbslandwirte waren. Unter anderem haben sie Schweine, Rinder und Kaninchen gehalten. Hat dieses landwirtschaftliche Umwelf ihr Interesse geweckt, mit Lebensmitteln zu arbeiten?
Ja, das wurde mir eindeutig in die Wiege gelegt. Hausschlachtungen und die Verarbeitung der Lebensmittel waren für mich immer prägende Erlebnisse. Sie waren die Initialzündung für mich. Ich kannte die Produkte seit jeher nicht nur so, wie man sie vorportioniert im Supermarkt kaufen kann.
Sie waren 37 Jahre Küchenchef in der Schwarzwaldstube, standen praktisch jeden Tag am Herd. Wie bildet und entwickelt man sich weiter, wenn man den eigenen Herd kaum verlassen kann?
Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. Deshalb gab es für uns immer drei Säulen der Weiterbildung. Erstens: Über den eigenen Tellerrand hinausblicken und bei anderen Köchen zu Gast sein, wann immer es möglich war. Zweitens: Zeitgemäße Koch-Literatur lesen. Drittens: Die eigene Entwicklungsarbeit. Der Kreis der verfügbaren Produkte schließt sich irgendwann. Eine Garnele ist eine Garnele, Brokkoli ist Brokkoli, Reh ist Reh, Steinbutt ist Steinbutt. Dann bleibt nur noch das Spiel der Aromen, Temperaturen und Zubereitungen. Man kann es gut mit der Musik vergleichen: es gibt nur wenige Noten und eine begrenzte Auswahl an Instrumenten aber die Vielfalt ist unendlich. So ist es auch beim Kochen.
Sie sind ein Vertreter der (französischen) Klassik. Aber immer neue Trends scheinen diesen Küchenstil zum Teil zu verdrängen. Es wird weniger mit Butter und Sahne gekocht, Techniken wie Fermentation und reduzierter Zuckereinsatz sind angesagt. Haben Sie Sorge, dass die Klassik verloren geht?
Es ist doch klar, dass die Jugend immer auch die Veränderung sucht. Sie will ihre Epoche aufmachen, damit vielleicht eine neue Klassik schaffen. Aber auch deren Zeit läuft irgendwann wieder ab und dann kommen wieder neue. So wird es immer weiter gehen. Aber vieles wird auch bleiben. Auch Sahne und Butter. Ich mag es ja gerne etwas buttrig und alles gute zu verdammen macht ja kein Sinn. Eine Sauce Bernaise ist eine der besten Saucen, die es gibt. Abe wer kann sie noch? Ich bin Bewahrer des Guten und lasse dem Geist Freiraum.
Häufig dominieren in der Gastronomie Pinzettenkunst, Mikroelemente und Quetschflaschen aus denen Gel-Tupfer auf die Teller gedrückt werden. Wie sehen sie das?
Es kann interessant sein, wenn ein Teller so komplex ist. Aber bei einem mehrgängigen Menü kann das auch überfordern, sodass man am Ende nicht mehr weiß, was man eigentlich gegessen hat. Mal sehen, wie weit diese Entwicklung noch geht. Es wird jedenfalls nicht unbedingt besser, wenn alles gegelt und in Sphären gebracht wird und unbedingt noch ein „Crunch“-Element dazu kommen muss. Für mich tut´s auch ein Spargel mit Sauce Hollandaise. Wenn beide gut gemacht sind.
Viele ihrer ehemaligen Schüler kochen heute selbst in besternten Restaurants, darunter mehrere „Drei-Sterner“. Macht sie das Stolz?
Das ist eine große Bestätigung unserer Arbeit. Wir waren in der Lage, junge Menschen an die Hand zu nehmen und ihnen die Basis guten Kochens zu vermitteln. Das war mir immer wichtig. Wir hatten einen guten Ruf, weshalb nur die ambitioniertesten zu uns kamen.
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