Von Mittelamerika nach Norddeutschland
Die ursprüngliche Heimat der „White Tiger“-Garnele (Lat. Litopenaeus vannamei), ist der Südpazifik von Mexiko bis Peru. Dort verbringen die Jungtiere bis zur Geschlechtsreife ihre Zeit in Mangrovenwäldern oder Brackwasserlagunen. Anschließend wandern sie in tiefere Meeresgebiete. In der Garnelenfarm in Strande nördlich von Kiel kommt das Meerwasser durch eine Bodenleitung direkt aus der Ostsee zu den Garnelen. „Man könnte das Salzwasser auch künstlich nachbilden“, erklärt Bert Wecker, der Geschäftsführer von Förde-Garnelen. „Doch der Salzgehalt der Ostsee ist hier von Natur aus ideal für die Garnelen.“ Gefiltert und von Keimen befreit wird es in eine Kreislaufanlage eingespeist. Allerdings sind die Tiere an wärmere Temperaturen als das kühle Ostseewasser gewöhnt. Hier kommt der zweite Vorteil des Standortes direkt neben einer Kläranlage zum Tragen: Dort steht eine Biogasanlage, die mit Klärschlamm betrieben wird. Mit ihrer Abwärme wird das Wasser auf 28 Grad aufgeheizt. Die Schlämme, die in der Garnelenzucht anfallen, gehen wiederum direkt in die Kläranlage, wo daraus wieder Energie gewonnen wird. So schließt sich der Kreislauf.
Genaue Beobachtung statt unnötiger Behandlung
In den vergangenen Jahren hat sich das kleine Team rund um den Fischereibiologen Bert Wecker viel mit den idealen Haltungsbedingungen der Wassertiere beschäftigt. In den Hauptproduktionsländer der White Tiger Garnelen werden die Tiere meist in offenen, eher trüben Außenanlagen gehalten. „Wir haben hier dagegen klares Wasser und können die Garnelen immer beobachten“, erklärt Wecker. „Deshalb würden wir Auffälligkeiten frühzeitig erkennen und auch eine erhöhte Sterblichkeit sofort bemerken.“ Auf Antibiotika oder andere vorbeugende Medikamente können sie in der Aquakultur deshalb verzichten.
Förde-Garnelen im Gourmet-Restaurant
Die Garnelen aus Strande sind so frisch, dass man sie auch roh zubereiten kann: als Sushi, Sashimi, Tartar oder Ceviche. Die Schalen tragen viel Aroma in sich und sollten nicht ungenutzt weggeworfen werden. Entweder brät man die Garnelen in der Schale oder bereitet aus ihr einen aromatischen Fond zu. Wichtigste Kunden sind bislang Gastronomen, die Wert auf regionale Produkte legen. Über sie werden auch Privatkunden nach und nach auf die Ware aufmerksam. Inzwischen ist die Farm auch Mitglied im „Feinheimisch“-Verbund regionaler Erzeuger aus Schleswig-Holstein. Aus kulinarischer Sicht ein Ritterschlag: das „Lakeside“ im neuen Hamburger 5-Sterne-Superior Hotel „The Fontenay“ hat die Garnelen schon direkt zu Beginn auf die Karte genommen. In einer Vorspeise mit Lardo, Austern und Kaviar. Der Schweizer Küchenchef Cornelius Speinle serviert sie als Tartar, das mit Kaffirlimette fruchtig-ätherisch gewürzt ist. Auf ihm wiederum liegen Scheiben von Lardo (italienischer weißer, mit Kräutern gewürzter Speck), obendrauf trohnen eine Nocke Kaviar und gefrorene Austernperlen.
Direkte Vermarktung
Aktuell können in der Aquakultur bis zu fünf Tonnen Garnelen im Jahr produziert werden. Alle sechs Wochen bezieht die Anlage Garnelen-Larven aus Zuchtanlagen in Florida. Gerade mal drei Milligram sind die Tierchen dann schwer. Ein halbes Jahr lang werden die Garnelen in Strande gepflegt und gefüttert und durchwandern dabei fünf Becken bis sie mit rund 30 Gramm vermarktungsfähig sind. Eine weitere Konservierung findet nicht statt. Wer bis 12 Uhr online bestellt, erhält die Ware am nächsten Tag zwischen 8 und 12 Uhr.
Vergrößerung geplant
Bislang läuft das Geschäft so gut, dass die Farm wachsen will. Von aktuell fünf Tonnen soll die Produktion auf das zehnfache wachsen. Zurzeit laufen die ersten Planungs- und Genehmigungsverfahren. Der Platz ist bereits neben der aktuellen Anlage vorhanden. Allerdings soll sich die Fläche nicht ebenfalls verzehnfachen sondern stattdessen die Becken tiefer in die Erde gebaut werden. Selbstentwickelte „Garnelenhochhäuser“, übereinander gestapelte Platten in denen sich die Garnelen zurückziehen können, machen es möglich.