Das Kochbuch
Die ist das Erstlingswerk von Nils Egtermeyer. Und unser Eindruck ist zwiegespalten. Denn einerseits ist es leider viel zu zahm und konventionell geworden. Andererseits zeigt es 60 gute Rezepte, die einem köstliche Gerichte auf den Tisch bringen. Und weil es mit rund 20 Euro fair kalkuliert ist, ist es insgesamt noch ein empfehlenswertes Buch. Aber nicht für jeden.
Das Thema
Nils Egtermeyer stellt die Reduktion auf das Wesentliche, auf einige wenige aber dafür gute Grundprodukte ins Zentrum. Doch was zeichnet die Qualität guter Produkte aus und wo bekommt man sie? Leider streift das Buch diese Aspekte nur recht oberflächlich. Denn der Umfang und Gehalt der ersten 19 Seiten mit Warenkunden und Egtermeyers Tipps ist einfach zu dünn. Etwas willkürlich werden hier verschiedene Themen gestriffen, von Egtermeyers Biografie über die richtige Küchenausstattung bis zur Frage, was in den Kühlschrank gehört. Das wirkt leider etwas unentschlossen.
Und viele der Tipps sind einfach zu banal: dass frisch gestoßener Pfeffer aromatischer ist als gemahlener, bei Fisch und Fleisch die Frische entscheidend ist und man nur natives Olivenöl benutzen soll? Das konnte man so schon in gefühlt 846 anderen Kochbüchern lesen.
Bevor man sich aber lange über diese Allgemeinplätze ärgert, freut man sich einfach lieber über die guten Rezepte. Sie zeugen von Egtermeyers ausgezeichnetem handwerklichem Können und geben eine Idee, was möglich gewesen wäre, hätte man sich für ein Buch mit klar erkennbarem und abgegrenztem Thema entschieden.
Denn nur mal so als Idee: Nils Egtermeyer ist eigentlich absoluter Experte für Fisch, Seafood und mediterrane Küche, ist meinungsstark (wie er es in einer Reportage über falsche Scampi im NDR gezeiget hat) und hat in seinem ehemaligen Restaurant „Jellyfish“ in Hamburg konsequent auf Fisch aus nachhaltigem Fang gesetzt. Warum bloß hat er nicht dazu ein Kochbuch geschrieben, in dem seine Expertise und sein Alleinstellungsmerkmal mehr zum Tragen gekommen wären? Stattdessen hat er sich für ein Buch mit einem Allerweltstitel entschieden, das sich kaum aus der Masse abhebt. Das bedauern wir sehr!
Der Autor
Nils Egtermeyer ist Jahrgang 1983, hat während seiner Laufbahn in unterschiedlichen Sternerestaurants gekocht, u.a. auch im „Simply Fosh“ auf Mallorca. Von 2012 bis 2016 war er Küchenchef im Hamburger „Jellyfish“, das sich vor allem auf Fisch und Meeresfrüchte spezialisiert hat. Das Restaurant hat er mittlerweile verlassen und stattdessen die Reihe „zu Tisch mit...“ ins Leben gerufen, bei dem er seinen Gästen in einer spektakulären Location über den Dächern Hamburgs einen exklusiven Kochkurs anbietet. Den meisten wird er allerdings mittlerweile über die Sendung „Die Kochprofis“ auf RTL2 bekannt sein.
Die Zielgruppe
Egtermeyer hat sich (vermutlich bewusst) für eine breite Zielgruppe entschieden, abzulesen an den etwas allgemeinen Ausführungen, die es vermeiden, in die Tiefe zu gehen, und Rezepten ohne jedes Risiko, die wirklich jeder mag. Auf seine Fans, die er durch die „Kochprofis“ gewonnen hat, wird er sich verlassen können. Und auch wer Interesse an gut gemachten Klassikern hat, wird hier nicht enttäuscht. Fortgeschrittene Hobbyköche, die ihren kulinarischen Horizont erweitern möchten, sollte sich auf unserer Seite aber lieber nach anderen Büchern umsehen.
Die Rezepte
Es ist schon fast verblüffend: praktisch kein einziges der 60 Rezepte ist neu. Carpaccio, Rinderbacke, Ceasar Salad – das alles kennt man schon. Aber das positive: alle Rezepte zeigen bestes Handwerk und sorgen dafür, dass man diese Klassiker zuhause richtig gut hinbekommt. Nicht neu - aber schön!
Der Schwierigkeitsgrad
Keine Sorge, hier kommt jeder mit.
Das beste Rezept
Die Kürbissuppe steht exemplarisch für das, was uns an den Rezepten gefällt: sie haben oft ein kleines Detail, dass sie von herkömmlichen Rezepturen abhebt. In diesem Fall ist es das Backen des Kürbis im Ofen, dessen Aroma durch das trockene Garen konzentrierter und intensiver wird. Auch die Kombination mit Pfifferlingen, Ricotta und knusprig frittierten Salbeiblättern macht Lust auf´s Nachkochen.
Das Neue
Tut uns leid, aber da müsste man schon einiges hinbiegen, um hier noch etwas als neu bezeichnen zu können.
Die Optik
Das Buch hat ein Softcover, das etwas weniger wertig als ein Hardcover wirkt. Die Rezepte sind allesamt sehr schön fotografiert, auch das Layout passt. Die Bilder mit Egtermeyer wirken so wie sie sind: schön aber ziemlich gestellt.
Die Struktur
Zunächst liest man sich durch besagte 19 Seiten mit Tipps und Warenkunden. Die 60 Rezepte teilen sich auf in „Suppen und Salate“, „klein und vorab“, „vegetarisch und Co.“, „Fleisch und Geflügel“, „Fisch und Meeresfrüchte“ und „cremig und süß“. Eine gute Idee sind die Menüvorschlage, die die vorhandenen Rezepte zu sinnvollen Kombinationen verbinden.
Die Zutaten
Egtermeyers Mission ist zwar nicht neu aber dadurch nicht weniger unterstützenswert: machen Sie sich auf die Suche nach guter Qualität. Das Kochen macht damit einfach mehr Spaß, das Essen erst recht.
Das Fazit
Nun ja. Vermutlich ist bis hierhin deutlich geworden, dass wir uns von diesem Buch etwas mehr versprochen hatten. Wenn man diese Erwartungshaltung aber beiseite lässt, bleibt ein Buch mit sehr guten, wenn auch nicht neuen Rezepten und einem guten Preis.