Das Kochbuch
Kann man zuhause chinesisch kochen, ohne die Küche auf den Kopf zu stellen, tagelang nach speziellen Zutaten zu suchen und sich am Schluss den Mund verbrennen? „Man kann“, sagt Sissi Chen und beweist das mit ihrem in vielerlei Hinsicht bemerkenswerten Kochbuch. Denn es ist – wie so oft bei guten Kochbüchern – mehr als eine bloße Rezeptsammlung. Sondern dahinter steckt eine sehr persönliche Geschichte.
Sissi Chens persönliche Gedanken
Es sind zwar nur knapp 20 Seiten, bis die Rezepte beginnen. Doch die haben es in sich. Hier erzählt Sissi Chen unter anderem, wie sie als 7-jährige mit ihrer Mutter von Peking nach Wien zog, und auch ohne Sprachkenntnisse Freunde fand. Als „Snackdealerin“.
Was dahinter steckt und noch viel mehr liest man in ihrer sehr guten Einführung, in der es neben der chinesischen Esskultur und allgemeinen Tipps und Tricks auch um chinesische Zutaten und Kochzubehör geht.
Besonders gefallen hat uns das Kapitel über Authentizität und Tradition. Jeder, der diese Debatte kennt und das Schlagwort „Authentizität“ in Bezug auf Kochbücher gerne nutzt (so wie wir), sollte sich dieses Kapitel unbedingt durchlesen. Sehr reflektiert und zum Nachdenken anregend.
Ebenso spannend sind Chens Ausführungen über Liebe, Wärme und Zuneigung in der chinesischen Gesellschaft (Verallgemeinerung von uns. Wieder so ein Thema!). Kurzfassung: Zuneigung werde dort weniger verbal, sondern besonders oft durch das Essen ausgedrückt.
Die Rezepte
Sissi Chen nimmt uns direkt zu Beginn die Angst. Sie habe selbst nicht Köchin gelernt, sondern viel durch beobachten und ausprobieren gelernt, schreibt sie. Auch wir könnten es deshalb schaffen! Auch, weil viele chinesische Gerichte nur aus wenigen, gar nicht mal so komplizierten Zutaten bestünden. Stimmt, ist unser Eindruck.
Die Rezepte in diesem Buch entstammen vorwiegend der nordchinesischen Küche, die laut Chen oft mehlbasiert sei. Dies sind die Kapitel: Nudeln, Tofu & Gemüse, Teigtaschen, Suppen & Fladenbrote und chinesisches Neujahr.
Beispiele sind Chinakohl mit Chili-Öl, Frühlingszwiebel-Pfannkuchen, Tofu-Salat mit Gurke, Ei-Porree-Teigtaschen, Dumplings mit Schweinehackfleisch und Ingwer, herzhafte Reissuppe oder taiwanesische Eierpfannkuchen.
Die Zielgruppe
Ein Kochbuch für weltoffene, neugierige Hobbyköche. Und alle, die glauben, chinesisch sei immer nur „süß-sauer“, lernen hier, wie es wirklich ist.
Der Schwierigkeitsgrad
It´s true: Diese chinesische Küche ist wirklich machbar. Auch zuhause, auch im Alltag.
Die Zutaten
…gibt es in guten Supermärkten und Asialäden. Zur Not auch problemlos online.
Die Autorin
Aus ihrem Autoren-Profil bei Dumont: Sissi Chen lebt in Berlin, entwickelt kulinarische Konzepte und Events, arbeitet als Foodstylistin und schreibt als freie Autorin für das ZEITmagazin. Auf ihrem Insta-Kanal @eatinginberlin folgen ihr über 80.000 Menschen.
Die Optik
Außen rustikaler Pappdeckel, innen festes Papier, sehr gutes Layout und tolle Fotografie von Claudia Gödke.
Das Fazit
Immer wieder stellen wir uns die Frage, warum Lizenzausgaben, also Küchbücher, die zunächst in einer anderen Sprache erschienen und dann ins Deutsche übersetzt wurden, nicht die gleiche Qualität haben und uns nicht im gleichen Maße „erreichen“ wie deutschsprachige Originalausgaben. Mit diesem Buch sind wir der Antwort ein großes Stück nähergekommen. Denn was das Buch von Sissi Chen auszeichnet, ist die explizit deutsch-chinesische Perspektive, die sie als Einwanderin mitbringt. Sie ist unser Türöffner in Sissis Esskultur. Ein „echtes“ chinesisches Kochbuch, das trotzdem ganz nah ist. Vielen Dank für diesen riesigen Aha-Effekt!