Kochbuch-Rezension

Sylt

Das Kochbuch.

8,8 / 10

Das Kochbuch

Eines der deutschen Sternerestaurants mit der eigenständigsten, unverwechselbarsten Handschrift liegt auf Sylt. Es ist der Söl´ring Hof direkt hinter der Rantumer Düne. Dort kocht Jan-Philipp Berner auf 2-Sterne-Niveau. Sein Kochbuch ist so opulent, dass man gar nicht so genau weiß, welches der beeindruckenden Rezepte man zuerst lesen soll.

Der Inhalt

Die begleitenden Texte des Kochbuches sind proportional zu den Rezepten eher kurzgehalten. Dennoch vermitteln sie einen guten Eindruck von der Insel, ihrer Stimmung und der Atmosphäre, der man dort im Lauf der Jahreszeiten begegnen kann. Als wären die unzähligen Rezepte noch nicht genug, gibt es darüber hinaus auch noch lesenswerte Exkurse zu (Salzwiesen-)kräutern, Sylter Austern, Käsehandwerk und dem eigenen Garten des Hotels.

Berners Sylter Küche

Jan-Philipp Berner kocht eine relativ streng saisonale und regionale Küche mit unübersehbar französischem Einschlag. Handwerkstechniken und Rezepturen sind also erkennbar klassisch geprägt, zeichnen sich aber vor allem auch durch den starken Bezug zu den Jahreszeiten und den typischen Sylter Produkten aus. Die besondere Frische, hervorgerufen durch Kräuter, Zitrusaromen oder jodige Nuancen aus dem Meer ist ein weiteres charakteristisches Merkmal.

Die Rezepte

Das Buch ist nach den vier Jahreszeiten strukturiert. Zu Beginn jedes Kapitels werden die typischen Produkte der Saison vorgestellt. Das jeweilige Menü der vier Jahreszeiten folgt der Abfolge im Restaurant und besteht aus kleinen Snacks, Brot, mehreren Gängen zu Vorspeise und Hauptgang und Desserts. Den Abschluss bilden die Petit Four und Pralinen.

Die Gerichte wurden allesamt so schon im Söl´ring Hof gekocht und sind nicht extra für dieses Buch entstanden. Diese Tatsache macht auch die besondere Stärke des Buches aus: 100% echte 2-Sterneküche, ungefiltert und in ihrer ganzen Komplexität.

Die Gerichte selbst sind nach ihren Hauptprodukten benannt. Einige Beispiele sind Frikassee vom Weidehuhn mit Liebstöckel und jungem Gemüse; Taschenkrebs, Wellhornschnecke, Seeigel und Sommergemüse; Salzwiesenlamm, Bete, Senf und Sauerrahm; Hirschkalbsrücken, Birne, Rosenkohl, Blutwurst und Kerbelknolle; Moosbeere, Buchweizen, dunkle Schokolade und Melisse oder Himbeere, Gewürztagetes, Amaranth und Joghurt.

Der Autor

Jan Philipp Berner hat seine Ausbildung zum Koch 2007 mit Auszeichnung abgeschlossen. Nach verschiedenen Stationen auf Sylt und dem Festland (u.a. bei Nils Henkel in Bergisch Gladbach) kocht er mit Unterbrechung seit 2009 im Söl´ring Hof. Zunächst als rechte Hand von Johannes King. Seit 2018 führt er den Söl’ring Hof zusammen mit Sommelière und Restaurantleiterin Bärbel Ring.

Die Zielgruppe

Dieses sehr besondere Kochbuch richtet sich an Menschen, die sich für Spitzenküche mit Hintergrund interessieren und die genauso Freude am Genuss haben wie an der Auseinandersetzung mit außergewöhnlichen Produkten.

Der Schwierigkeitsgrad

Die Rezepte sind bis auf wenige Ausnahmen sehr anspruchsvoll. Sie sind nicht selten komplex, mehrstufig und langwierig in ihrer Zubereitung. Und sie benötigen eine handwerklich saubere Arbeitsweise. Wer sich nicht gleich ein ganzes Rezept vornehmen möchte, der kann sich jedoch auch einzelne Teil-Rezepte heraussuchen und sie nach dem Baukasten-Prinzip auswählen. Und wenn gar nichts mehr hilft: Hinten im Buch hat Berner eine Mail-Adresse für Nachfragen angegeben. Clever!

Die Optik

Schöne, ganzseitige Rezeptfotografie. Das imitierte Tageslicht mit Schattenwurf ist aber nicht ganz unsere Sache. Sehr stimmungsvoll sind hingegen die wunderschönen Landschaftsaufnahmen der Insel. Das Layout ist schlicht und übersichtlich gehalten.

Die Zutaten

Berners Küche zeichnet die Verwendung außergewöhnlicher, zum Teil in Vergessenheit geratener Produkte aus. Einige sind bei Spezialisten erhältlich, für andere müsste man wohl schon selbst auf die Insel fahren. Doch manche der Rezepte (oder Teil-Rezepte) kommen auch mit allgemeinverfügbaren Zutaten aus.

Das Fazit

Ein sehr beeindruckendes Werk. Das gilt für Umfang und Inhalt gleichermaßen. Man glaubt Berner sofort, wenn er von einem Entstehungsprozess über mehrere (!) Jahre spricht. Zum Schluss haben wir aber noch eine ganz irdische Frage: Wie kann es sein, dass dieses 400 Seiten-Prachtstück nur 50 Euro kostet? Hat sich da jemand verrechnet?

Schlagwörter: ,
Veröffentlicht am 24. November 2021, überarbeitet am 25. November 2021.
Bild
geschrieben von:
Benjamin Cordes
Benjamin Cordes ist Journalist und beschäftigt sich beruflich ausschließlich mit kulinarischen Themen. Als Autor recherchiert er Beiträge über die Qualität von Lebensmitteln und Restaurants für das NDR Fernsehen.

Kochbücher von Jan-Philipp Berner

Sylt

Sylt

8,8 / 10
Kochbuch von
49,00 €
Eines der deutschen Sternerestaurants mit der eigenständigsten, unverwechselbarsten Handschrift liegt auf Sylt. Es ist der Söl´ring Hof direkt hinter der Rantumer Düne. Dort kocht Jan-Philipp Berner auf 2-Sterne-Niveau. Sein Kochbuch ist so opulent, dass man gar nicht so genau weiß, welches der…weiterlesen
Jan-Philipp Berner kocht

Jan-Philipp Berner kocht

7,7 / 10
Kochbuch von
26,00 €
Das neue Kochbuch von Jan Philipp Berner beinhaltet deutsche und internationale Klassiker in hervorragender Qualität. Die Gerichte, die für verschiedene Anlässe und Tageszeiten bestimmt sind, überzeugen handwerklich und kulinarisch. weiterlesen