Das Buch
Dass Wein viel mehr ist als nur vergorener Traubensaft, dürfte sich herumgesprochen haben. Was jedoch erst nach und nach ins Bewusstsein der Konsumenten dringt, sind die vielen Schräubchen, an denen Winzer für den (vermeintlich) perfekten Wein drehen können. Viele davon haben mit einer naturnahen Erzeugung nicht mehr viel gemein. Dies ist nur einer von mehreren Gründen, weshalb sich seit einigen Jahren ein klarer, nicht aufzuhaltender Trend in Richtung der sogenannten Naturweine entwickelt hat. Doch was ist „Naturwein“ eigentlich? Dieses Buch gibt darüber mit seinem ausdifferenzierten und fundiert geschriebenem Inhalt Aufschluss. Sehr lesenswert.
Der Inhalt
Das Buch behandelt alle relevanten Aspekte des Themas. Das sind viele und sie sind komplex. Dennoch ist das Buch sehr gut zulesen.
Teil 1 beschäftigt sich mit der Frage, was Naturwein überhaupt ist und nähert sich einer Defition bestmöglich. Denn eine verbindliche Zertifizierung mit festen Kriterien gibt es dafür bislang nicht. Ein biologischer Anbau gilt aber als Mindestvorraussetzung. Zu diesem Kapitel gehören auch Themen wie die naturnahe Landwirtschaft und die Bedeutung des Terroirs. Vom Weinberg geht es anschließend in die Produktion. Wie verläuft die Verarbeitung? Welche Rolle spielen Zusatzstoffe im konventionellen und im Naturwein? Wie ist es mit Sulfiten? Auch der Geschmack hat hier natürlich sein eigenes Kapitel, ebenso wie verbreitete Irrtümer über Naturwein. Und ist er eigentlich gesünder als „normaler“ Wein? Auch das wird hier beantwortet.
In Teil 2 stellt Isabelle Legeron die Handwerker und Querdenker der Naturweinbewegung vor. Manche von ihnen seien regelrechten Hexenjagden ausgesetzt. An diesen Stellen, wo es auch um die Anfänge der Bewegung geht, liest sich das Buch fast schon wie ein Krimi. Abschließend werden noch die wichtigsten Winzerverbände und Weinmessen erläutert.
Zum dritten Teil geht das Buch in die Praxis des Weintrinkens über. Mit 160 Porträts von Naturweinen aus den wichtigsten Weinanbaugebieten der Welt, die nach Ländern und Geschmacksprofil (Körper) strukturiert sind: Schaumweine, Weißweine, Orange Wines, Roséweine, Rotweine, Halbtrockene und Süßweine, Mischgärungen.
Über das ganze Buch verteilt gibt es immer wieder Exkurse zu spannenden thematischen Nebensträngen, geschrieben von Experten und Praktikern. Dabei geht es zum Beispiel um die Umstellung auf natürlichen Weinbau in der Praxis, die Arbeit mit Pferden oder die Wildkräuter aus dem Weinberg, die bei konventioneller Bewirtschaftung oft das Nachsehen haben.
Die Autorin
Isabelle Legeron hat als erste Französin den Titel „Master of Wine“ erlangt. Er ist einer der, wenn nicht sogar die höchste Qualifikation in der Weinwelt. Legeron gilt als Vorreiterin der Naturweinbewegung und gründete das „Raw Wine Festival“ für Natur- und Bioweine, dessen Events in England, Deutschland und Amerika stattfinden.
Die Zielgruppe
Dieses Buch ist nicht nur für begeisterte Weintrinker gedacht, sondern auch für Profis in der Gastronomie eine hervorragende Möglichkeit, sich in diesem Bereich weiterzubilden.
Das Fazit
Während bisherige Weinbücher das Thema Naturwein fast immer bestenfalls stiefmütterlich beachteten, wird ihm hier die angemessene Bedeutung und inhaltliche Tiefe zu Teil. So kommen wir zu dem Schluss, dass dies aktuell das beste deutschsprachige Buch über Naturwein ist.