Der Deutsche Kochbuchpreis 2024: Publikumspreis
Kochbuch-Rezension
von (30. Juni 2017)

A fette Sau

Mangalitza. Zucht und Geschichte, Fleisch und Gerichte

8,2 / 10

Das Kochbuch

Ist das fett! Verzeihen Sie diesen etwas umgangssprachlichen Einstieg, aber hier passt er einfach perfekt. Nicht nur zu dem Protagonisten, dem fetten Mangalitza-Schwein, sondern auch zu diesem tollen Buch. Es zeigt die Zucht und Geschichte dieser besonderen Schweinerasse, sein Fleisch und tolle Gerichte, für die das Schwein von Kopf bis Fuß verarbeitet wird.
Monothematische Bücher gefallen uns fast immer sehr gut, und so ist es auch in diesem Fall. Die Gründe sind die damit einhergehende inhaltliche Tiefe, eine konsequente Umsetzung und häufig neuartige Themen. Das alles umfasst auch dieses Buch.

Das Thema

Mangalitza Wollschweine gelten gemeinhin als ungarische Rasse, aber ihre eigentlichen Wurzeln liegen in Serbien. Der schwarze Farbschlag ist mittlerweile verschwunden, es existieren noch die roten, blonden und schwalbenbäuchigen (also schwarz-weißen) Varianten. Der wesentliche Unterschied des Mangalitzas zu anderen Rassen ist der enorme, lockige Haarwuchs und der massive Fettansatz. Er ist gleichzeitig auch der Grund, weshalb das Schwein an den Rand, bis fast zum Aussterben gedrängt wurde. Dabei sind sein Fleisch und sein Speck eine Offenbarung. Das Fleisch ist gut marmoriert und entsprechend kräftig im Geschmack, der fette weiße Rückenspeck perfekt für Lardo: weißer Speck, der mit Salz und Gewürzen eingerieben wird und dann monatelang in Trögen (in Italien aus Marmor) reift.

Der Autor

Jürgen Schmücking ist Fotograf und Journalist, spezialisiert auf Kulinarik. Seine Reportagen erscheinen in verschiedenen Magazinen, u.a. im Falstaff. Er lebt in Tirol und ist für Konzept, Text und Fotografie verantwortlich
Isabell und Christoph Wiesner betreiben einen Mangalitza Zuchtbetrieb nördlich von Wien und haben die Texte zur Zucht und die Rezepte beigesteuert.
Miriam Strobach hat das hervorragende visuelle Konzept und die Grafik erdacht und umgesetzt.

Die Zielgruppe

Perfekte Voraussetzungen für den Kauf dieses Buches sind Interesse an hochwertigen Produkten, ihren Hintergründen und der Verarbeitung. Die Qualität dieses Buches bringt es daher mit sich, dass es weniger nur für ambitionierte Hobbyköche sondern vor allem auch für Profi-Köche und Menschen geeignet ist, die sich im Sinne der Slow Food-Bewegung für kulinarische Schätze interessieren.

Die Rezepte

Die Rezepte stellen den Noise to tail-Gedanken in den Vordergrund, verarbeitet werden also auch Innereien oder vermeintliche Nicht-Edelteile. Besonders gut: einige Stücke werden im Rezeptteil nochmals auf einer ganzen Seite mit sehr guten Warenkunden portraitiert.
Beispiele für Rezepte sind Mangalitza-Presswurst, Herz-Zungensalat, geröstete Nieren oder Blunzengröstel.

Der Schwierigkeitsgrad

Auch wenn der Schwierigkeitsgrad meist eher leicht ist: Eine Umsetzung zuhause erfordert schon einiges an Know How und ist eher nur etwas für kompromisslose Enthusiasten. Das schmälert die Qualität des Buches aber nicht im geringsten.

Das Neue

...das ist einfach zu beantworten: Bislang gab es kein Buch über das Mangalitza-Schwein. Es ist gut, dass diese Lücke nun gefüllt ist.

Die Optik

Mattes Papier, authentische und schöne Reportage-, Rezept- und Warenkundebilder, klare Typografie. Bestnoten in jeder Beziehung!

Die Struktur

Die Kapitel thematisieren die vorstellung der Rasse, das Futter (gekochte Kartoffeln!), die Haltung und Schlachtung. Außer den Rezepten gibt es noch ein Highlight: Das Kapitel, das einfach nur „Stücke“ heißt. Hier werden alle verwertbaren Teile und Zuschnitte des Schweins in schnörkellosen, halbseitigen Bildern gezeigt. Eine Augenweide und wahnsinnig spannend.

Die Zutaten

Mit denen ist es so eine Sache. Denn Mangalitza-Fleisch zu bekommen, ist eben nicht besonders einfach. Aber ein guter Weg könnte sein, sich beim eigenen Metzger mal nach Fleisch anderer alter Schweinerassen zu erkundigen. Mit ihnen könnte man zumindest ähnliche Ergebnisse erzielen. Aber zumindest den Mangalitza-Lardo sollten sie sich mal besorgen. Den bekommt man auch online problemlos.

Das Fazit

Ein spannendes Thema, zu Papier gebracht mit inhaltlicher Tiefe und einer tollen gestalterischen Umsetzung. Ein Fall für Höchstnoten. Denn, wie eingangs geschrieben: dieses Buch ist fett!

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geschrieben von:
Benjamin Cordes
Benjamin Cordes ist Autor und Experte für Kulinarik. Seine Filme sind im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu sehen, seine Texte u.a. im Magazin Falstaff zu lesen. Er ist Gründer von Kaisergranat.com und Initiator des Deutschen Kochbuchpreises.

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