Das Kochbuch
Wir sagen´s ja immer wieder: Kochbücher haben viel mit Emotion und sinnlichen Eindrücken zu tun. Einer, der das auch ganz genau weiß, ist Stevan Paul. Und so hat er sich für sein neues Buch „Die blaue Stunde“ ganz von den Stimmungen und Emotionen leiten lassen, die einem am Abend begegnen. „Die blaue Stunde beginnt mit diesem einmaligen Licht: goldene Abendröte in einem blauen Himmel, der langsam samtig dunkelt. Ein milder Wind streicht durch die Straßen (...), über sonnenwarme Dächer und Terrassen“, schreibt er. Braucht man nur noch die richtigen Rezepte für diese einzigartige Atmosphäre. Und Stevan Paul hat sie aufgeschrieben: „Rezepte, die den Abend feiern.“
Die Rezepte
Stevan Paul hat es auf seinen zahlreichen kulinarischen Reisen immer wieder erlebt: Abends kommen die Menschen zusammen, treffen sich mit Freunden und Familie für ein paar Drinks und lockere Gespräche. Entstanden ist dazu in vielen Ländern eine Ess-Kultur, die so vielseitig ist wie die Länder. Mit Kleinigkeiten, die mal traditionell, mal modern sind. Und in kleinen Portionen großes Vergnügen bieten: Tapas, Antipasti, Mezze, Ceviche.
...und dann denkt man: ok es läuft auf Spanien, Italien, Griechenland und etwas Süd- bzw. Mittelamerika hinaus. Aber dann schlägt man das Buch auf und sieht: es ist vieeel mehr. Denn es geht einmal um die ganze Welt. Die Reise führt von Samoa über Australien, Japan (u.a. Yakitori-Spieße), China, Indien (Gemüse-Pakora), Türkei, Griechenland, Ungarn, Italien (Focaccia), Österreich (Heurigenplatte), Deutschland (Soleier), Schweiz, Dänemark, Schweden (Köttbullar), Spanien (Churros!), Marokko, Belgien (Lütticher Waffeln), Frankreich, Niederlande (Fritten), Portugal (Pasteis de Nata), Großbritannien, Brasilien und die USA bis nach Mexiko (Enchiladas).
Aber woher kommt diese unalphabetische Länder-Reihenfolge? Logisch: Die Rezepte folgen dem Sonnenlauf, bzw. ihrem Untergang! Und der beginnt nunmal auf Samoa.
Das beste Rezept
Es ist (natürlich) schlicht nicht möglich, sich hier für ein Rezept zu entscheiden. Würde man es trotzdem tun, könnte man die spanischen Churros nehmen. Diese verführerische Köstlichkeit, bei der ein Brandteig in Form kleiner Stangen knusprig frittiert wird, die man dann vergnüglich in eine dunkle Schokoladensauce mit einer Spur Zimt tunkt.
Zu fast jedem Gericht gibt es übrigens auch noch eine Getränkeempfehlung, auch alkoholfrei.
Der Autor
Stevan Paul gehört in Deutschland zu den kreativsten, einfallsreichsten Kochbuchautoren. Er schafft es immer wieder, neue Themen aufzuspüren und so aufzuarbeiten, dass ein breites Publikum etwas davon hat. Ohne dass es jemals zu beliebig werden würde.
Der Schwierigkeitsgrad
...ist nicht besonders hoch, sodass man mit den Drinks auch getrost schon beim Kochen beginnen kann.
Das Neue
Erneut ist es Stevan Paul gelungen, ein neues Thema für sich und sein Buch zu finden. Er nimmt uns mit auf eine genussreiche und durch kleine Erzählungen persönlich gefärbte Reise. Genial: auf Spotify gibt es dazu eine Playlist, die man per QR-Code hinten im Buch öffnen und anhören kann. Und auf einmal kann man die Blaue Stunde nicht nur schmecken sondern auch hören.
Die Optik
Einen Eindruck, was die blaue Stunde ausmacht, bekommt man direkt beim ersten Aufblättern des Buches: Im diffusen Dämmerlicht sieht man nur ein paar Lichter einer Stadt, die an einem Hang überm Meer liegt. Von Ferne kann man erahnen, wie sich in den Gassen gerade die Feierabendkultur in Bewegung setzt.
Das ganze Buch ist einem schönen royal-blau gehalten, hinzukommen stimmungsvolle Reportagefotos von Daniela Haug (hinten im Buch kann man sogar nachlesen, wo sie entstanden sind) und ein Layout, dem Miriam Strobach Struktur und Ästhetik verliehen hat.
Bei manchen Kurz-Rezepten stehen die Zutaten lediglich im Fließtext, das geht etwas zu Lasten der Übersichtlichkeit.
Die Zutaten
Dem großen, multikulturellen Angebot guter Supermärkte und Stevan Pauls alltagstauglichen Rezepten ist es zu verdanken: Hier kann man sich um die Welt kochen ohne für die Zutaten auf Weltreise gehen zu müssen.
Das Fazit
„Die blaue Stunde ist ein magischer Moment“, schreibt Stevan Paul ganz vorne im Buch. Das stimmt. Aber zum Leben erweckt man sie erst mit den richtigen Rezepten. Und die hat er in diesem Buch aufgeschrieben.