Das Kochbuch
In seinem neuen Brotbackbuch zeigt Lutz Geißler auf eindrucksvolle Weise, wie simpel, unkompliziert und flexibel Brot backen sein kann. Mit geringem Hefeeinsatz, wenig Aufwand, langer Teigreife und köstlichen Ergebnissen.
Die Brotbackformel
Die Grundidee des Buches ist, 50 Brotsorten aus einem von nur vier Grundteigen zu backen. Wie Geißler selbst schreibt, ist das keine Erfindung von ihm, sondern in Frankreich gängig. Schließlich ist nicht nur der Teig für das Ergebnis entscheidend, sondern u.a. auch wie man ihn aufarbeitet und bäckt.
„Schnelle“ Brote?
Viele Backbücher werben mit „schnellen“ Backrezepten. In der Regel handelt es sich dabei um Rezepturen mit hohem Hefeeinsatz und sehr kurzer Teigreife, sodass die Brote oft schon innerhalb von sehr kurzer Zeit in den Ofen wandern. Das ist hier anders. Lutz Geißler schreibt: „Klassische „schnelle Brote“ rufen bei mir immer Kopfschütteln hervor. Mit diesem Buch backen Sie auch schnelle Brote. „Schnell“ bedeutet für mich aber „wenig Aufwand“. Geht „schnell“ auf Kosten der Teigreife- zeit, backen Sie immer die schlechtestmöglichen Brote – sowohl geschmacklich als auch gesundheitlich. Heißt „schnell“ aber, dass Sie kaum Arbeit mit dem Teig haben, er ohne Ihr Zutun vor sich hin reifen darf und Sie ihn zeitlich flexibel verarbeiten können, bekommt „schnell“ eine neue, nachhaltige Bedeutung für die Brotqualität.“
Wenig Hefe, viel Geschmack
Die Hefemengen in den Rezepten sind sehr gering. Entsprechend lang sind die Reifezeiten, in denen der Teig im Kühlschrank ruht, ohne dass man mit ihm Arbeit hätte. Der Grundteig A enthält etwa nur 4,2g Hefe auf 600g Mehl, in Bäckerprozenten ausgedrückt 0,7%. Der Vorteil laut Geißler: „Durch die lange, langsame Teigreife schließen die mehl- und hefeeigenen Enzyme die Getreidebestandteile auf. Das fördert den Geschmack und die Bekömmlichkeit.“
Alle Rezepte enthalten Hefe als Triebmittel, Sauerteig ist in diesem Buch kein Thema.
Die vier Grundteige
Das Buch enthält vier Grundteige: A mit 550er Weizenmehl, B mit 1050er Weizenmehl und Roggenanteil, C mit Dinkelmehl 630 und D mit Weizenvollkorn. Alle Grundteig Rezepte bestehen aus denselben Schritten: Wiegen, mischen, abdecken, 24-72 Stunden in den Kühlschrank stellen, nach 1 Stunde und 12 Stunden dehnen und falten, je nach Rezept formen, bei Raumtemperatur reifen lassen und schließlich backen.
Auch wenn die vier Grundteige gleich sind, bedeutet das nicht, dass auch immer nur dieselben Zutaten verwendet werden. In einigen Fällen kommen weitere hinzu, etwa Butter, Saaten oder Ei.
Aufwand, Ausstattung und Schwierigkeitsgrad
Der Aufwand ist, wie beschrieben, sehr gering. Das macht Buch perfekt für Einsteiger. Aber warum sollten nicht auch Fortgeschrittene daraus backen, wenn die Ergebnisse gut sind!?
Zum Backen wird eine überschaubare Grundausstattung benötigt, manche Rezepte funktionieren sogar ganz ohne. Perfekt, wenn man etwa im Urlaub aus dem Buch backen will. Auch eine Knet- bzw. Küchenmaschine benötigt man nicht. Gut ist der Überblick zu Alternativen und Möglichkeiten des Bedampfens. Er wäre auch wünschenswert für andere Alternativen, etwa zu Gärkörben.
Die Rezepte
Der Clou an den Rezepten ist: Man mischt erst den Teig und kann später immer noch entscheiden, welches Brot daraus werden soll. Auch kommt es durch die Reife im Kühlschrank nicht auf Minuten an, sondern das Zeitfenster, in dem man den Teig backen kann, ist riesig und flexibel.
Die Rezepte sind eingeteilt in vier Gruppen: Brote mit 1-3 Tage Teigreifezeit, Brote mit 1 Tag Reifezeit, Brote mit 2 Tagen und Brote mit 3 Tagen Reifezeit.
Beispiele sind: Focaccia, Flammkuchen, Grissini, Kastenbrot, Toastbrot, Stuten, Laugenbrötchen, Schokobrötchen, Baguette, Batard, Boule, Müslibrötchen, Saatenbrötchen und Ciabatta.
Der Aufbau der Rezepte im Buch ist immer gleich: Bild vom fertigen Gebäck, einleitender Text, Zutaten (entweder nur der Grundteig oder noch einige wenige zusätzliche) und sehr gut bebilderte und aufschlussreiche Schritt-für-Schritt-Anleitungen.
Die Zutaten
Die Zutaten für die Rezepte sind überall erhältlich. Ein Detail verwundert jedoch. Geißler schreibt: „Biohefe ist ökologisch gesehen Pflicht beim Brotbacken.“ Sie komme aber meist etwas langsamer in Gang, vor allem bei fett- und zuckerreichen Teigen. Deshalb solle bei Biohefe immer mit etwas längeren Ruhe- und Reifezeiten gerechnet werden. Ist das der Grund, weshalb dann doch alle Rezepte für konventionelle Hefe ausgelegt sind und um sie somit einfacher zu halten? Hier wäre ein erklärender Satz hilfreich gewesen, um den Widerspruch zu erklären. Auch wenn Geißler in einer Tabelle extra aufführt, was bei verschiedenen Hefearten zu bedenken ist.
Der Autor
Mit über 600.000 verkauften Exemplaren ist Lutz Geißler der erfolgreichste Autor von Brotbackbüchern im deutschsprachigen Raum. Mehrfach wurde er in der Vergangenheit mit dem Deutschen Kochbuchpreis ausgezeichnet. Gemeinsam mit Bäckermeisterin Christina Weiß bäckt Lutz Geißler in Hamburg Sasel in einer eigenen Bäckerei Brot zur Nahversorgung des Viertels.
Die Optik
Optik und Gestaltung des Buches sind klar an Übersicht und Funktionalität orientiert. Ein Buch zum Lesen und Schwelgen ist dies nicht. Stattdessen finden sich darin viele Tabellen, Kästen etc. Gut sind die unzähligen hilfreichen Bilder, die Schritt-für-Schritt-Fotos führen gut durch die Rezepte.
Etwas irritierend ist das gelbe Buchcover, das stark an den Duden erinnert.
Das Fazit
Ein sehr gutes Einsteigerbuch, das Aufwand und Ertrag in ein sehr gutes Verhältnis bringt und die Schwelle zum Brot backen deutlich senkt. Eine Nebenbemerkung von Lutz Geißler kann man als Andeutung dafür verstehen, dass er einen zweiten Teil mit Sauerteig schreibt. Darauf könnte man sich aus guten Gründen freuen.