Kochbuch-Rezension

BROT

Der echte Gaues

7,4 / 10

Das Kochbuch

Jochen Gaues ist möglicherweise der bekannteste Bäcker der Nation. Auf jeden Fall der lauteste. Bäcker des Bundespräsidenten, Bäcker der Sterneköche, Pleite-Jochen – Gaues hat viele Spitznamen. Sein handwerkliches Markenzeichen sind Brote ohne Zusätze, dunkel gebacken mit knuspriger Kruste. Dieses Brotbackbuch zeigt seine wichtigsten Rezepte, kann sich aber nicht zwischen allgemeinem Grundlagenbuch und Porträt entscheiden.

Der Inhalt

Gut zwei Drittel des Buches bestehen aus Theorie und Porträt. Los geht´s mit Gaues´ Biografie, danach geht es weg von ihm hin zur (Kultur-)Geschichte des Brotes. Es folgen Warenkunden zu Getreiden und Mehlen und eine Einführung ins Thema Teig. Hier stellen sich jedoch einige Fragen. So staunt man über den angeblichen Lufteinschlag beim Blätterteig (der kaum eigenen Auftrieb hat, sondern dessen Blätterung durch das eingezogene Fett zwischen den Teigschichten erhält) oder die Feststellung, dass Weizensauerteig anders verwendet würde als Roggensauerteig. Wie genau, erfährt man leider nicht. Diese Abschnitte zeigen: Als Grundlagenbuch ist dieses Buch nur sehr bedingt geeignet. Hier empfehlen sich eindeutig die Bücher von Lutz Geißler, insbesondere die „Brotbackbücher“ mit ihren ausführlichen Theorieteilen.

Die Rezepte

Der Rezeptteil ist zunächst erfreulich, da er keinen Gaues-Klassiker auslässt: Gersterbrot, Kohl-Speck-Brot, Sylter Weißbrot, Ciabatta, Focaccia, süße Hörnchen – alle sind dabei. Geschmälert wird der Eindruck jedoch von den zum Teil recht vagen Rezeptanleitungen. Es finden sich zum Beispiel keine Angaben zu den Wassertemperaturen, nur zur späteren Teigtemperatur. Wie man die erreicht, muss man sich selbst erarbeiten. Auch eine große Spanne der Ofentemperatur von 200 bis 260 Grad erstaunt. Die Teigmengen sind zum Teil sehr groß, wieviel am Ende dabei herauskommt, muss man ebenfalls selbst ausrechnen.

Was man sonst noch wissen muss: Alle Rezepte arbeiten nicht nur mit Sauerteig sondern auch mit Hefe, was Back-Puristen ablehnen. Fast alle Rezepte enthalten Altbrot, was Haltbarkeit und Geschmack bringt. Und abgesehen von ungenauen Rezepten und dem streitbaren Hefe-Einsatz ist sicher: alle Brote schmecken gut, das wissen wir aus eigener ausführlicher Erfahrung. Grund sind vor allem die saftige, grobporige Krume und die kräftig dunkel-gebackene Kruste.

Die Autoren

Jochen Gaues hat (k)einen guten Ruf. Die einen lieben ihn für „das beste Brot der Nation“, die anderen verachten ihn für seinen großspurigen Auftritt. Fakt ist: Gaues ist nach mehreren Pleiten wieder da und bäckt nach Hannover nun in Hamburg. Seine alten Kunden aus der Top- und Sterne-Gastronomie sind auch wieder da und seine Filiale ist gut besucht. Beides muss ja einen Grund haben…

Bildlich und textlich portraitiert hat ihn Fotograf Thomas Ruhl, der auch Herausgeber des Kulinarik-Magazins „Port Culinaire“ ist.

Die Zielgruppe

Am besten eignet sich dieses Backbuch für Bäcker-Kollegen, die einen Einblick in Gaues Leben und Arbeit haben wollen, sowie für erfahrenere Hobbybäcker, die mit den Rezepten trotz mancher Unwägbarkeit Spaß haben werden. Einsteiger dürften mit den vage gehaltenen Anleitungen dagegen zum Teil überfordert sein.

Der Schwierigkeitsgrad

Die Rezepte sind unterschiedlich aufwändig, vom Kohl-Speck-Brot mit längerer Zutatenliste bis zum einfachen Hefeknoten.

Die Optik

Ganzseitige Fotografie, die ihre Wirkung jedoch unterschiedlich entfaltet. Denn zum Teil sind die Farben merkwürdig entsättigt, an anderer Stelle kann man manche Brote („Korn an Korn“) kaum auf ihrem Untergrund identifizieren.

Die Zutaten

Mehl, Wasser, Salz – hier genügt ein Supermarkt.

Das Fazit

Ja, Gaues bleibt ein einzigartiger Bäcker. Sein Backbuch hätte das jedoch besser und entschiedener herausarbeiten können. Mit präziseren Rezepten und einem ausführlicheren Teil zu seiner Person. Die allgemeinen Brot-Hintergründe kann man in anderen Büchern besser nachlesen.

Anmerkung: Das Buch ist direkt beim Verlag erhältlich.

Veröffentlicht am 23. August 2020, überarbeitet am 23. August 2020.
Bild
geschrieben von:
Benjamin Cordes
Benjamin Cordes ist Journalist und beschäftigt sich beruflich ausschließlich mit kulinarischen Themen. Als Autor recherchiert er Beiträge über die Qualität von Lebensmitteln und Restaurants für das NDR Fernsehen.

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BROT

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7,4 / 10
Kochbuch von
19,90 €
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